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LP FREDDIE DE TOMMASO – IL TENORE – Arien und Duette von Puccini und Bizet mit Lise Davidsen, Natalya Romaniv und Aigul Akhmetshina; DECCA

17.11.2022 | Allgemein, cd

LP FREDDIE DE TOMMASO – IL TENORE – Arien und Duette von Puccini und Bizet mit Lise Davidsen, Natalya Romaniv und Aigul Akhmetshina; DECCA

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Nach dem Debütalbum bei DECCA mit dem Titel „Passione“ geht der britisch-italienische Tenor nun mit keinem geringeren Anspruch als „Il tenore“ an sein zweites Album heran. 2018 Plácido-Domingo-Tenor- und Verdi-Preisträger beim Viñas Gesangswettbewerb in Barcelona, ist De Tommaso seit September 2020 Ensemblemitglied der Wiener Staatsoper.

Wir hören auf der neuen Veröffentlichung (in den Formaten Vinyl, CD) Ausschnitte aus Tosca, Turandot, Madama Butterfly und Carmen, wobei nicht nur die üblichen Tenorgassenhauer serviert werden. Ausgedehnte Duette aus dem ersten Akt von Tosca mit Lise Davidsen, das Liebesduett Butterfly-Pinkerton aus dem ersten Akt der „Madama Butterfly“ mit der walisischen Sopranistin ukrainischen Ursprungs Natalya Romaniw und das Finale des vierten Aktes von „Carmen“ mit der blutjungen russischen Mezzosopranistin Aigul Akhmetshina als Carmen lockern die Parade der Tenorhits „Recondita armonia“ „E lucevan le stelle“, „Nessun dorma“, „Addio fiorito asil“ und „La fleur que tu m’avais jetée“ angenehm auf.

Das Timbre von Freddie De Tommaso kann als kernig-dunkel und herb-granuliert bezeichnet werden. Mit allzu viel verführerischem Schmelz und Glanz wartet der seine Figuren viril in Bronzefarben meißelnde Sänger nicht auf. Aber er hat was anderes: Passion und Bühneninstinkt, die auch im Tonstudio wirken. Eine exzellente Stimmtechnik und die metallisch sicheren, mit Stamina und Kraft angepeilten Höhen erlauben es ihm, international im Spintofach zu reüssieren. Und wohl auch, schon innerhalb kurzer Zeit bei DECCA sein zweites Soloalbum, bei dem angefangen vom prachtvoll aufspielenden Philharmonia Orchestra unter dem sicheren Paolo Arrvabeni und drei strahlkräftigen Kolleginnen keine Kosten gescheut wurden, absolvieren zu dürfen.

Als Einwand mag gelten, dass in den vor allem im Forte und Mezza Voce gesungenen Arien bisweilen die Zwischentöne, die Piani, die stimmlich individuelle Charakterisierung der Figuren fehlen, die die Kunst etwa eines Jonas Kaufmann so auszeichnen. Die Blumenarie des José mag da mit den schönen decrescendi am Ende der Arie die rühmliche Ausnahme bilden.

Der Höhepunkt des Albums ist das Schlussduett aus dem vierten Akt der „Carmen“, wo Freddie De Tommaso in einer hochdramatischen Auseinandersetzung mit der sensationellen Aigul Akhmetchina auf voller Linie überzeugen kann. Die beiden sorgen für garantierte Gänsehaut. Der 21-jährigen Aigul Akhmetchina eine große, ja Traum-Karriere vorherzusagen, ist müßig, da sie schon drauf und dran ist, das Publikum in den Flaggschiffen der Oper von New York bis London zu erobern. Auf dem Terminkalender stehen aktuell etwa die Maddalena in Verdis „Rigoletto“ an der MET, die Rosina in Rossinis „Il barbiere di Siviglia“ am Royal Opera House Covent Garden, die Elisabetta in Donizettis „Maria Stuarda“ an der holländischen Nationaloper oder die Charlotte in Jules Massenets „Werter“ ebenfalls am Royal Opera House aus. Ihr rot samten glühender Mezzo, in der balsamischen Tiefe wie den leicht anspringenden dramatischen Höhen gleichermaßen faszinierend, ist eine wahre Entdeckung. Ich freu mich jetzt schon auf ihre erste Solo-CD.

Das Album bietet – über die rein tenoralen Kostproben hinausgehend – zudem die erste Begegnung mit der Wagner-Heroine Lise Davidsen als Tosca auf Tonträgern.

In Konzerten hat sie die Arie aus dem zweiten Akt „Vissi d’Arte“ zwar gesungen, aber an der Bühne steht die Tosca noch in den Sternen. Jetzt ist erst einmal die Giorgetta in Puccinis „Il Tabarro“ in Barcelona dran. Hören Sie aber selbst, wie ideal ihr Sopran zu diese Primadonnen-Paraderolle passt. Welch schönes Versprechen für die Zukunft:

https://www.youtube.com/watch?v=teD5F71kZCE

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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