Musicals in London: „MATILDA“ – Cambridge Theatre 23.4.2014 nachm.
Die Produktion dieses Musicals kam 2010 in Stratford-upon-Avon durch die Royal Shakespeare Company heraus, und wird seit Oktober 2011 mit großem Erfolg in London gezeigt. Die Aufführung vor ausverkauftem Haus war eine kurzweilige, als Gesamtwerk zu sehende Angelegenheit. Die Musik von Tim Minchin ist nichts Besonderes, jedoch schmissig und im Kontext mit der auf Roald Dahl basierenden Geschichte über ein außergewöhnlich begabtes Mädchen, das schulische Widerwärtigkeiten überwinden muss, zu nehmen, welche sie gut illustriert. Die Inszenierung von Matthew Warchus (Ausstattung: Rob Howell, Choreografie: Peter Darling) brachte erstaunliche, überraschende Effekte und sprühte vor Einfällen. Die 9 Kinder-Darsteller waren bestens studiert und agierten völlig natürlich. An der Spitze Tasha Chapple als hervorragende Matilda, die trotz Anfeindungen durch die Schuldirektorin ihren Weg macht. Großartig waren aber gleichfalls die Erwachsenen, wobei die „dankbarste“ Aufgabe Alex Gaumond als eben dieser Kinder hassenden Miss Trunchbull zufiel. Ein spritziger Nachmittag, der freilich auch das Gefühl nicht zu kurz kommen ließ (Haley Flaherty als auf der Seite Matildas stehende Lehrerin Miss Honey) und Erinnerungen an das klassische britische Dickens-Musical „Oliver!“ auslöste. Der Dirigent war Laurie Perkins.
„DIRTY ROTTEN SCOUNDRELS“ – Savoy Theatre 23.4.2014 abds.
Ein Gesellschaftmusical in der Art von „Top Hat“, mit einer gefälligen, im Stil klassischer Broadway-Musicals gehaltenen und zum eleganten Ambiente passenden Musik von David Yazbek. Die Geschichte basiert auf einem Film von 1988 mit Michael Caine und Steve Martin und erzählt von 2 Gaunern an der französischen Riviera, die sich gegenseitig aus dem Feld zu schlagen versuchen, zuletzt aber einer angeblichen Millionenerbin, die in Wahrheit von gleichem Schrot und Korn ist, ausgetrickst werden. Das Ganze wurde von Jerry Mitchell ausgezeichnet, mit Geschmack, Stil und schöner Ausstattung (Peter McKintosh) auf die Bühne gebracht. Der großartige Robert Lindsay erwies sich in der Rolle des Lawrence Jameson als Schauspieler, der offenbar in allen Sätteln hinreißend ist. Rufus Hound hatte als Freddy Benson mehr skurrile Möglichkeiten, welche er voll nützte. Katherine Kingsley wirkte als angebliche Zahnpasta-Erbin mit dem sprechenden Namen Christine Colgate v. a. optisch hervorragend, und in einer Nebenhandlung reüssierten Samantha Bond (Muriel Eubanks) sowie John Marquez (Andre Thibault). Der Dirigent war Richard John.
“FINLAN’S RAINBOW” – Charing Cross Theatre 24.4.2014 nachm.
Das 260 Sitzplätze fassende, im Zentrum Londons unterhalb der Gewölbe bei der Charing Cross Station gelegene frühere Players Theatre bot die Gelegenheit, einem Broadway-Musical aus der „guten alten Zeit“ zu begegnen, von welchem eine Filmversion mit Fred Astaire, Petula Clark und Tommy Steele existiert. Die Handlung – ein irischer Immigrant hofft bei Fort Knox Gold zu finden, findet aber letztlich einen Mann für seine Tochter – ist einigermaßen dämlich, doch die Musik von Burton Lane hat viel Charme. Gebracht wurde eine „Kammermusical“-Version (mit 3 Musikern auf der Bühne), die szenisch von Phil Wilmott unter teilweiser Einbeziehung des Zuschauerraumes sehr geschickt arrangiert war. Sogar die Tanzszenen (Choreografie: Thomas Michael Voss) kamen auf der kleinen Bühne ganz gut zur Geltung. Als führende Darsteller agierten überzeugend James Horne (Finian McLonegan), Christina Bennington (Sharon), Joseph Peters (Woody Mahoney) und Raymond Walsh (Og). Obwohl das Werk zuvor erst einmal, und das vor mehr als 65 Jahren, professionell im Londoner West End aufgeführt wurde, war das Theater nur zu ca. 2/3 besucht.
Gerhard Ottinger