Foto: Lech Classic Festival / Michael Moosbrugger
LECH AM ARLBERG
Konzertsaal Lechwelten:
Lech Classic Festival:
„Nordischer Abend“
5. August 2025
Der „Nordische Abend“ steht ganz im Zeichen der Liebe der beiden Komponisten Edvard Grieg und Jean Sibelius zur Natur und ihrer Heimatverbundenheit, welches musikalisch passend ausgedrückt wird. Zuerst steht die „Peer Gynt Suite Nr. 1 op. 46“ am Programm mit dem Japaner Tetsuro Ban am Pult, der stets Ruhe ausstrahlt und seine Übersicht und Struktur an das Lech Festival Orchester überträgt – ob mit oder ohne Dirigierstab.
Die Querflöte leitet den Morgen (in einem Hochgebirge – wie in Lech/Arlberg) mit dem bekannten Thema ein und sanft und mit wiegender Melodik wiederholen die Musiker, sodass eine idyllische Atmosphäre eingefangen wird. Im Folgesatz „Åses Tod“ musizieren die Streicher gekonnt reduziert, unheilvoll und mit dunklen Klängen ertönt eine trauermarschähnliche Melodie, an deren vorerst wuchtigen, sich dann niedersenkenden Ende der Tod steht. Der 3. Satz „Anitras Tanz“ lädt mit zarten, kecken pizzicato-Tönen zum Mitschwingen ein. Mit Leichtigkeit kann der erotische Tanz zum Liebesabenteuer verführen. Nach dem langsamen Beginn im Schlusssatz können die Musiker Tempo und Energie gehörig und äußerst intensiv steigern, die Trolle scheinen wild und lebendig zu werden bis beim bedrohlichen 4. Satz „In der Halle des Bergkönigs“ zuletzt alles zusammenbricht.
In der Folge präsentiert Elisabeth Brauß Griegs Klavierkonzert A-Moll op. 16 mit Feuer und Begeisterung. Es ist ein Jugendwerk des Komponisten und das einzige, das er vollendet hat. Die junge Pianistin aus Deutschland, im silbrigen Glitzeroberteil, setzt nach einem mächtigen Trommelwirbel beherzt ein und überzeugt durch kraftvolle Spielfreude. Das folgende adagio gefällt mit orchestraler Einleitung mit dominanten Hörnern und langem passionierten Klaviersolo am Steinway-Flügel. Der abschließende Satz in allegro, ma non tanto bildet nach munteren Akkorden und aufbrausenden Aufbau zu einem wirkungsvollen Kontrast mit vollkommener Glückseligkeit, bevor wieder härtere Klavierpassagen anklingen und mit brausenden Tutti-Abschnitt ein melodienreiches Finale ertönt.
Als Zugabe bleibt die Künstlerin mit raschen Fingern und humoristischen Elementen bei der kurzen Sibelius-Etude op.76 dem Thema „Norischer Abend“ treu.
Nach der Pause stellt sich Florina Ilie mit Griegs „Solveigs Lied“ aus der Peer Gynt Suite Nr. 2 dem Lecher Publikum vor. Die Rumänin ist seit 2023 Ensemblemitglied an der Wiener Staatsoper und singt mit schwermütigem Sopran, klaren Spitzentönen und guter Deutsch-Intonierung über die leidgeprüfte Solveig, deren liebster Peer sie – wieder einmal – verlässt. Man darf auf ihren Auftritt am Haus am Ring als Marzelline bei der „Fidelio“-Premiere im Dezember neugierig sein.
Den Schlusspunkt setzt Ayana Tsuji mit dem Violinekonzert D-Moll op.47 von Sibelius. Die Geigerin hat 2016 mit diesem Werk die Montreal International Competition mit 18 Jahren gewonnen und man bemerkt sofort, dass sie sich in die Musik des finnischen Komponisten perfekt hineinfühlen kann und mit technischer Brillanz, hingebungsvoller Konzentration und in schön getragener Harmonie mit den Orchestermusikern musiziert. Im weißen Spitzenkleid kann die Japanerin markante Akzente setzen und vielfältige Farben wie zarte Lieblichkeit in pianissimo, Erhabenheit, warme romantische Stimmungen und kraftvolle und dramatische Klänge aus ihrem edlen Instrument, eine Violine von Giovanni Battista Guadagnini aus 1748, hervorzaubern. Der begeisterte Schlussapplaus bewirkt eine da capo-Interpretation von „Isolation Rag“ von Scott Wheeler.
Susanne Lukas