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LECH am Arlberg/ „Lech Classic Festival (Special Edition): ERÖFFNUNGSGALA – ein vielfältiges Programm

06.08.2020 | Konzert/Liederabende, Oper

 

Foto: Facebook

Lech Classic Festival – 5.8.2020: – Special Edition
Eröffnungsgala – ein vielfältiges Programm mit enthusiastischen Künstlern

Seit März sind Corona-bedingte Absagen von Kultur-Veranstaltungen nun weltweit schon zur traurigen Gewohnheit geworden. So mussten auch heuer die 6 Beethoven-Konzerte in der stimmungsvollen Lecher Kirche auf das nächste Jahr verschoben werden, was bei den 80 Künstlern, aber auch bei den Einheimischen der Tourismus-Branche und den zahlreichen Gästen für große Enttäuschung sorgte. Umso bemerkenswerter ist die Tatsache, dass die Veranstalterin Marlies Wagner kurzfristig ein Festival organisieren konnte, das hervorragende, weltberühmte Solisten in diesen zauberhaften Ort am Arlberg – bekannt für seine traumhafte Kulisse und als beliebte Wintersport-Region – bringt und so den Dorfbewohnern und nationalen bzw. internationalen Besuchern klassische Musik auf allerhöchstem Niveau näherbringt.
Die umfangreichen Sicherheitsmaßnahmen verstehen zu beruhigen und man wird bei Postkarten-Wetter herzlich von der Blasmusik-Kapelle begrüßt, die sich am begrünten Dach der Mehrzweckhalle sport.park.lech platziert hat. Das Fernsehteam des ORF ist vor Ort und nachdem der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner begrüßt wurde, konnte das spezielle Konzert, dessen Programm einen weiten Bogen spannen kann, mit dem Einzug des Lech Festival Orchester beginnen.

Um den 250. Geburtstag von Ludwig von Beethoven doch noch zu würdigen, hören wir die in Serbien geborene österreichische Pianistin Jasminka Stančul mit einem feurig-temperamentvollen Klavier-Solo über „die Wut über den verlorenen Groschen“ op.129. Mit schnellen, lebhaften Sechzehntel-Bewegungen wird das bekannteste Rondo vom Jubiläumskomponisten von der Virtuosin als freches, sprühendes Feuerwerk dargeboten und man glaubt beinahe, den Groschen beim Kreiseln und Springen zu hören.

Danach stimmt sich das Orchester unter Konzertmeister Martin Emmerich ein und Dirigent Michael Güttler übernimmt die musikalische Leitung. Der sympathische Mann aus Sachsen ist auf den internationalen Bühnen der Welt zu Hause und ist auch dem Wiener Publikum durch 80 Vorstellungen in 11 Opern an der Staatsoper (seit November 2010) bekannt. Am Klavier kann der Wiener Gottlieb Wallisch bei Beethovens Rondo für Klavier und Orchester in B-Dur begeistern.

Nach kurzen Umbau-Arbeiten ertönt Rossinis Musik voll Witz und Esprit und Basilios Verleumdungsarie „La calunnia è un venticello“ aus dem „Barbier von Sevilla“ wird mit schöner Klangfarbe, sonoren tiefen Lagen und beeindruckender Höhe ausgezeichnet vom Wiener Bassisten Stefan Cerny, Ensemblemitglied an der Wiener Volksoper, vorgetragen.

Zwei der bekanntesten Werke von Antonín Dvorák folgen nun: der Slawische Tanz Nr. 2 in e-moll mit dem in Wien lebenden Slowaken Dalibor Karvay an der Violine (seit kurzem Konzertmeister bei den Wiener Symphonikern) und dem Violoncellisten  Sebastian Bru aus Wien, der auch bei den Wiener Philharmonikern spielt. Zu einem schwungvollen Dirigat verzaubern die beiden Musiker im harmonischen Gleichklang mit der rhythmische Musik nach böhmisch-mährischen Volkstänzen. Nach dem Beginn am Klavier besticht die elegante, wunderschön-strahlende Camilla Nylund mit edlem Timbre, zarter und auch kraftvoller Höhe in ihrem Lied an den Mond aus „Rusalka“. Die Finnin singt voller Melancholie und mit romantischem Klang einfach großartig und bittet in einem silberfarbenen Kleid den lieben, silbernen Mond am Himmelszelt, ihr, der Meerjungfrau zu sagen, wo der Liebste ist.

Die Streicher kündigen nun Unheil an und Stefan Cerny ist als Banquo aus Verdis „Macbeth“ mit „Studia il passo …Come dal ciel precipita“ zu erleben. Der hohe Schluss-Ton wird besonders lange angehalten und in der Oper folgt nun der Meuchelmord „der dunklen Schatten, die auch in jener Nacht, König Duncan erstochen haben“. Wieder betritt Camilla Nylund die Bühne und kann mit dem Gebet der Desdemona aus „Otello“ sehr stark berühren. Das Orchester spielt zarteste piani und man spürt die Freude und Leidenschaft am Musizieren. Zusammen mit der Sopranistin erklingt ein engelsgleiches „Ave Maria“, das Gänsehaut erzeugen kann, und zuletzt scheinen die Töne in den Himmel zu schweben – die Spannung ist so aufgeladen, dass man sich gar nicht zu applaudieren getraut, um die einzigartige Stimmung nicht zu zerstören.

Zuletzt werden wir nach Rom in den Juni 1800 entführt und Puccinis „Tosca“ steht auf dem Programm. Piotr Beczala hat an der Wiener Staatsoper im Februar 2019 als Cavaradossi ein bejubeltes Rollendebüt gegeben und auch bei diesem Konzert bemerkt man, wie gut seine edle Stimme zu dem Maler Mario passt. Mit herrlichen Legato-Bögen, Stimmvolumen und gewohnter Höhensicherheit besingt der Pole die zarte Harmonie der Bilder zweier Frauen in „Recondita armonia“ – ohne die schimpfenden Intermezzi des, normalerweise anwesenden, Messners. „Il mio solo pensiero, Tosca sei tu!“ – unsere Gedanken sind nach der wunderschönen Interpretation nur bei dir, Piotr. Camilla Nylund eilt nun mit rufenden „Mario, Mario, Mario“ herbei und wir dürfen bei der „Geburt einer neuen Tosca“ dabei sein. Nach sehr kurzem Rollenstudium präsentiert sich der lyrisch-dramatische Sopran erstmals als die liebende und leidende Sängerin. Mit eifersüchtiger Stimme, hasserfüllt über die „Rivalin Attavanti“ und träumerisch vom Häuschen im Grünen mit dem besonderen Zauber gelingt das sehr harmonische Duett des Liebespaares im 1.Akt. Danach ertönt vom Podium ein einfühlsames „Vissi d´arte“ und die Stimme dieser Künstlerin kann wohl alles – von Wagner über Strauss, von Mozart über Fledermaus und Fidelio zum Verismo! Großartig! Natürlich darf die „Sternenarie – E lucevan le stelle“ nicht fehlen und nach begeistertem Applaus wird mit dem Duett „Ah! Franchigia a Floria Tosca“ fortgesetzt. Mit vollem Engagement und dynamischen Bewegungen begleitet Maestro Güttler die hochdramatische Erzählung von Tosca über den brutalen Angriff vom Ekel Scarpia und dem folgenden Mord. Beczala antwortet mit lieblich-klingenden „O dolci mani“ und versteckt sich dann hinter dem Orchester, um – laut Libretto – seinem Tod entgegen zu treten. Der Dirigent gibt einen etwas tiefer gelegenen Spoletta und singt „Ah! Tosca, pagherai ben cara la sua vida!“ und die Kammersängerin beendet mit dramatischen Schluss-Tönen vor dem imaginären Todes-Sprung von der Engelsburg.

Nach diesem Musikdrama endet der Gala-Abend mit einer Zugabe aus Lehárs „Land des Lächelns“. Kammersänger Beczala öffnet seine Fliege und wir erfreuen uns am leichtfüßigen Duett „Wer hat die Liebe mir ins Herz gelegt“. Dirigent Güttler blättert die Partitur für den begleitenden Pianisten Jobst Scheiderat um und das „Ich lieb nur dich“ bringt einen schönen, hohen Schluss der zwei fantastischen Stimmen in absoluter Harmonie. Beschwingt und glücklich verlässt man den Konzertsaal. Für Klassik- und Musik-Liebhaber darf hingewiesen werden, dass das Festival noch bis Sonntag, 9. August in sehr hoher Qualität stattfindet und noch einige Restkarten zu erhalten sind. Von der Rezensentin kann ein spontaner Besuch nur herzlich empfohlen werden.

Susanne Lukas

Kurzvideo vom Schlussapplaus/   Facebook Beczala

Lech am Arlberg: Camilla Nylund und Piotr Beczala proben


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