Il turco in Italia an der Opera de Lausanne vom 8.10.2023 (zweite Vorstellung nach der Premiere)
Fiorilla Salome Jicia. Foto: Jean-Guy Python
Wenn Rossinis Komödie «Il turco in Italia» hervorragend besetzt ist, eine schöne Inszenierung das Bühnenbild ziert und dann noch mit einer schlüssigen Regieidee umgesetzt wird, dann macht dieses Werk ungemein Spass.
Im Alter von 22 Jahren schrieb Gioacchino Rossini die Oper Der Türke in Italien. Die Uraufführung 1814 dieses Auftragswerkes der Mailänder Scala war allerdings für ihn kein Erfolg, denn das Publikum hielt dieses Werk eher für einen Abklatsch seiner im Jahr zuvor aus der Taufe gehobenen Italienerin in Algier. Demzufolge wurde dieses Werk nicht allzu oft auf den Opernbühnen gezeigt. Nach mehr als einem Jahrhundert, nämlich im Jahre 1950 in Rom, wurde il turco in Italia durch Maria Callas (Fiorilla) wiedergegeben bzw. wiederentdeckt. Heutzutage wird das Werk auch dank Cecilia Bartoli wiederbelebt. Dank diesen Sängerinnen findet das Werk wieder vermehrt Einzug in die Opernhäuser und wird zum Glück wieder öfters gezeigt.
Dem Regisseur ist mit seiner Inszenierung das grosse Kunststück gelungen, die Handlung perfekt in die neapolitanische Zeit der 50er Jahre zu verlegen. Das wunderbare Einheitsbühnenbild von Daniel Bianco, die Lichtgestaltung von Eduardo Bravo, und die Inszenierung von Emilio Sagi bilden ein gelungenes Trio, welches den Zuschauer entzückt und ihn während der ganzen Aufführung hindurch in Bann hält.
Man kann das Bühnenbild wie folgt beschreiben. Rechts ist eine steile Treppe und es stehen Pilaster, die von Wildkräutern überwuchert sind. Ein Balkon auf dem Fiorilla ihre Blumen giesst, vorne eine Terrasse der Quartiertrattoria, eilige Radfahrer und die legendäre Vespa die immer wieder durchzischen. Dann ist noch die witzige Strassenbahn zu erwähnen, die im Hintergrund vorbeifährt und die Gäste ein- und aussteigen lässt.
Luis Cansino spielt und singt den nach Abenteuern Ausschau haltenden, kurligen Türke Selim. Er verfügt über einen flexiblen Bass und seine Interpretation der Rolle ist sehr glaubhaft, man kann seine Intentionen voll nachvollziehen und verstehen.
Fiorilla Salome Jicia, links von ihr der Dichter Mikhail Timoshenko und rechts von ihr Don Geronio Giulio Mastrototaro Bild von Jean-Guy Python.
Salome Jicia als Donna Fiorilla ist sehr gefällig. Sie verfügt über eine schöne Stimme. Man erlebt eine emanzipierte, selbstbewusste und entschlossene Sängerin, welche mit viel Spielfreude und mit ganzem Einsatz diese anspruchsvolle Partie hervorragend meistert.
Der betrogene Ehemann Don Geronio wurde von Giulio Mastrototaro hervorragend gesungen und glänzend gespielt. Der talentierte Sänger kam beim Publikum gut an und wurde begeistert umjubelt.
Die Rolle des Don Narciso wurde vom begabten Tenor Francisco Brito mit sehr viel Schmelz und passenden Höhen gesungen. In seiner Rolle kann er sein Sehnen und Flehen, seine Wut und seine Liebe mit seiner gefälligen Stimme voll ausleben.
Der Russe Mikhail Timoshenko als Dichter Prosdocimo ist in der Aufführung omnipräsent. Mit seinem Schreibblock und Stift ausgerüstet sucht er nach einem neuen Stoff für sein neues Stück. Die Angst kein neues Stück entwerfen zu können ist unbegründet, denn am Ende findet er eine passende Geschichte. Wie er mit seinem kernigen Bass diese Rolle ausfüllt, ist sehr beeindruckend.
Marion Jacquemet in der Rolle der Zaida konnte mit ihrer bestens disponierten Stimme aufwarten und ihre engagierte Spielfreude ausleben.
Pablo Plaza war ein tolle Albazar der mit viel Witz und Charme diese Partie vorzüglich meisterte.
Für Rossini braucht es einen dynamischen und energetischen Dirigenten am Pult. Mit Michele Spotti wurde diese Voraussetzung voll erfüllt. Der junge Dirigent begeistere durch seine adäquaten Tempi und durch seine hervorragende Begleitung der Künstler. Er vermochte es die Musik von Rossini glänzend zu gestalten und war ein toller Begleiter des Ensembles. Welch ein Glück ihn in Lausanne zu haben.
Mit dem Orchestre de chambre de Lausanne wurden alle Facetten dieser genialen Musik grossartig ausgeleuchtet. Mit viel Spielfreude und Einsatz wurde das Orchestre zum glänzenden Begleiter des hervorragend disponierten Ensemble.
Nicht zu vergessen ist der bestens disponierte Choeur de l’Opera de Lausanne unter der profunden Leitung von Antonio Creco.
Das Publikum freute sich sehr über diese geniale Aufführung und bedankte sich mit nicht enden wollenden Ovationen. Ein gelungener Saisonstart.
Marcel Emil Burkhardt