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LAUSANNE/ Opéra de: „BARBE-BLEUE. Opéra-bouffe von Jacques Offenbach. Saperlotte la Boulotte.

Opéra-bouffe von Jacques Offenbach, Barbe-Bleue an der Opéra de Lausanne vom 28.12.2025. Saperlotte la Boulotte.

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 Barbe-Bleue (Florian Laconi) und Boulotte (Héloise Mas). Foto von Carole Parodi

Mit Barbe-Bleue präsentiert die Opéra de Lausanne eine sorgfältig ausgearbeitete Produktion von Jacques Offenbachs Opéra-bouffe, die sich klar an der Tradition des Genres orientiert, ohne dabei aufdringlich aktualisierend zu wirken.

Indem Offenbach die Mythen des Trojanischen Krieges hinter sich lässt und sich dem europäischen Volksmärchen zuwendet, erfindet er rund um den Prinzen Barbe-Bleue eine vollständig burleske Welt. Dieser ist ein vergnügter Witwer schlimmster Sorte „Ich bin Barbe-Bleue, nie war ein Witwer fröhlicher“. In dieser Opéra-bouffe wird alles zum Anlass für Spott und Gelächter – ganz im Sinne eines Komponisten, der die musikalische und gesellschaftliche Karikatur zu seiner Spezialität gemacht hat. Trotz Ouvertüre und erstem Akt, die eine idyllische Pastorale vortäuschen, geraten Grafen, Könige, Prinzen und Ratgeber in furiosen Nummern aneinander und verhandeln Themen wie Leben und Tod, die Beziehungen zwischen Männern und Frauen, die Brutalität der Mächtigen und die Feigheit der Höflinge.

Der aufmüpfigen, schlagfertigen Bäuerin Boulotte fällt durch Losentscheid die Ehre – und das Unglück – zu, den frauenmordenden Prinzen zu heiraten. Doch Entwarnung für Schäferinnen und Zigeunerinnen: Alle angeblich Toten sind sehr lebendig, und auf überraschende Weise – für das Jahr 1866 – behält am Ende der Feminismus die Oberhand.

Und man darf nicht vergessen, dass Offenbachs Operette Barbe-Bleue eine satirische Verhöhnung des französischen Hofes und der damaligen Gesellschaft ist, die Märchenmotive mit zeitgenössischen Anspielungen verbindet und so eine scharfe Kritik an Aristokratie und Machtstrukturen liefert, verpackt in spritzige Musik und Buffo-Humor.

Die musikalische Leitung lag in den Händen von Alexandra Cravero, die mit der Sinfonietta de Lausanne einen transparenten, beweglichen Offenbach-Klang entwickelte. Tempi und Artikulation blieben überwiegend präzise, mit einem Sinn für rhythmische Pointierung, ohne die Sängerinnen und Sänger zu überdecken. Der Chor der Opéra de Lausanne, einstudiert von Guillaume Rault, agierte homogen und zuverlässig, insbesondere in den Ensembleszenen.

Die Inszenierung von Laurent Pelly setzt auf klare szenische Lesbarkeit und eine stilisierte, farblich differenzierte Bildsprache. Pellys Regie bleibt der komödiantischen Oberfläche verpflichtet und vermeidet psychologische Überdeutung. Die Kostüme unterstützen diese Linie, indem sie Typen und soziale Rollen scharf konturieren. Die Bühnenbilder von Chantal Thomas sind funktional und ermöglichen flüssige Szenenwechsel, während Joël Adams Lichtgestaltung die Szenen sinnvoll akzentuiert, ohne eigene Akzente erzwingen zu wollen.

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Popolani (Christophe Gay), Boulotte (Héloise Mas) und Barbe-Bleue (Florian Laconi). Foto: Carole Parodi

In der Titelpartie überzeugt Florian Laconi mit grosser vokaler Präsenz und einer überdrehten ironischen Darstellung des Barbe-Bleue. Sein Spiel ist witzig, was der Figur eine gewisse Drolligkeit verleiht. Jérémy Duffau als Prinz Saphir bringt Beweglichkeit und klare Diktion ein, während Jennifer Courcier als Fleurette mit frischem, leichtem Sopran punktet. Héloïse Mas gestaltet die Boulotte mit stimmlicher Substanz und präzisem komödiantischem Timing. Sie singt und spielt mit sehr viel Engagement und Freude.

In das tolle Ensemble fügen sich Christophe Gay (Popolani), Thibault de Damas (Comte Oscar), Christophe Mortagne (Roi Bobèche) und Julie Pasturaud (Reine Clémentine) stimmig und ebenfalls sehr spielfreudig ein. Die fünf Frauen des Barbe-Bleue bilden ein gut abgestimmtes Kollektiv, ohne individuell stark hervorzutreten.

Insgesamt zeigt diese Produktion von Barbe-Bleue eine handwerklich tolle, stilistisch geschlossene Umsetzung, die Offenbachs satirische Mechanik ernst nimmt, ohne sie zu forcieren. Die Aufführung setzt auf Klarheit, Ensembleleistung und musikalische Verlässlichkeit – eine mehr als nur überzeugende Lesart der Operette.

Das Publikum würdigt die Aufführung mit langanhaltendem Applaus. Ein tolles Werk um das Jahr abzuschliessen.

 

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