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LAHR/Ortenau/ Stadtpark/Freiluftoper: DER BARBIER VON SEVILLA

Freiluft-Oper in Lahr: Der Barbier impft und testet. Dirigent Michael Güttler als Intendant

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Die Freiluft-Oper „Der Barbier von Sevillahr“ im Lahrer Stadtpark enthielt viele Anklänge an die Pandemie. Das Bühnenensemble und das „Frischluftund Musik Festivalorchester“ überzeugten.

Ein Orchester, das auf der ganzen Linie überzeugt und ein Bühnenensemble, das lustvoll agiert und mit kraftvollen Koloraturen brilliert. Bei der Erstau!ührung des „Barbier von Sevillahr“ am Freitagabend, schwingt am Ende schwingt trotzdem eine Portion Klamauk und das eine oder andere Fragezeichen mit.
Cornelia Lanz und Michael Güttler haben die Opera bu!a von Gioacchino Rossini fast ohne Budget und unter schwierigen Rahmenbedingungen inszeniert. Sie sind in die Rolle der Vorreiter geschlüpft, haben die erste sich bietende Chance ergriffen, für die Bühnenkunst in die Bresche zu springen. „Systemrelevant“ prangert in großen Lettern auf derWerkzeugkiste des Barbiers, der nebenher auch testet und impft. Am Ende des ersten Aktes marschieren zwei Feuerwehrmänner auf die Bühne und erinnern das Ensemble an
Abstandsregel und Maskenpflicht.

Die Operninszenierung zum Auftakt des Formats „Villa Jamm Artists“ thematisiert auch die Pandemie, die der Kulturbranche seit mehr als einem Jahr schwer zusetzt. Theater,

 Musik und Kunst waren allenfalls noch im Internet präsent. Die am Freitag und Samstag angesetzte Opernau!ührung unter freien Himmel hatte strenge Aufagen: Maximal100 Besucher, Abstandsgebot und Maskenpficht, kein Zugang ohne Schnelltest oder Impfnachweis. Michael Güttler hat die Rahmenbedingungen in den letzten Wochen mehr als einmal deutlich kritisiert: Die Kultur war nie ein Pandemietreiber, sie braucht Freiräume, kein Korsett.

Kulisse aus Pappmaché
Die Inszenierung von Güttler und Cornelia Lanz, der Leiterin des städtischen Kulturamtes, baut die Pandemie Thema plakativ in die vor mehr als 200 Jahren uraufgeführte Opera bffa ein. „Der Barbier von Sevillahr“, kommt volkstümlich und mit einer gehörigen Portion Klamauk daher. Die von Heinz Treiber und Julia Doll ohne Budget gestalteteKulisse und Stffage sind aus Pappmaché. Handgeschriebene Pappschilder, von zwei Kindern herumgezeigt, kommentieren das Geschehen auf der Bühne, das oft an eine Art Opernwerkstatt erinnert. Die Akteure hüpfen auf einem Trampolin, fuchteln mit karikaturenhaften Requisiten herum. Es wird gar nicht erst versucht, große Opernkunst auf die Bühne des Musikpavillons im Stadtpark zu bringen.

Wer die Bilder und den bei der Premiere am Freitag bis 18 Uhr auf der Nestler-Baustelle rumorenden Abrissbagger aber ausblenden konnte, wurde aber von einer bemerkenswerten Au!ührung in den Bann gezogen. Das von Michael Güttler mit viel Fingerspitzengefühl zusammengestellte „Frischluft und Musik Festivalorchester“ überzeugte auf der ganzen Linie. Mehr als 30 Profimusiker aus ganz Süddeutschland, unter ihnen auch zwei gebürtige Lahrer. Am Pult ein Maestro, der den „Barbier von Sevilla“ 48-mal in Wien dirigiert hat. Sein Klangkörper agierte präzise, mit viel Schwung und einer gehörigen Portion Verve. Kraftvoll und doch leichtfüßig, wunderbar elegant,
an den richtigen Stellen mit ordentlichem Wums.

Großartige Opernsänger
Dem Orchester ebenbürtig war das von Cornelia Lanz zusammengestellte Bühnenensemble. Frederik Baldus als Figaro, ein stimmgewaltiger Spaßvogel. Oscar de la Torre (Graf Almaviva) und Filippo Morace (Bartolo) zwei großartige Opernsänger, die voller Leidenschaft um die von Cornelia Lanz verkörperte Rosina buhlen. Dazu Christoph Seidl (Basilio) und seine Frau Iva als Haushälterin Berta. Allesamt Profiss, die normalerweise in bedeutenden Opernhäusern auf der Bühne stehen. Denen aber auch anzumerken war, dass sie nach Monaten der Abstinenz darauf brennen, wieder vor Publikum zu spielen.

Der Abend lässt deshalb auch nur ein Fazit zu. In Lahr hat sich die Kultur eindrucksvoll zurückgemeldet, auch wenn die Rahmenbedingungen und das fehlende Budget, ebensofür das eine oder andere Fragezeichen sorgten, wie die durchaus noch erkennbare Unwucht bei der mitten in der Pandemie.

Quelle:  Offenburger Tageblatt/Jürgen Haberer)

 

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