Köln: My fair lady. Premiere am 27.Oktober 2012
Frauenverachtender kann ein Stück kaum sein als Shaws „Pygmalion“, heute besser bekannt in der Musical-Version „My fair lady“. Da die Musik von Frederick Loewe hinreißend, der Anspruch an Gesang und Darstellung hoch ist, geben auch Opernhäuser gerne diesen Hit von 1956. Kleine Pikanterie für Köln: in den Jahren, als die heutige „Oper am Dom“ als Musicalzelt fungierte, inszenierte DIETRICH HILSDORF schon einmal vor Ort.
Eine kleine Frauendemonstration zu Beginn scheint kritische Untertöne seiner Inszenierung anzudeuten, doch das täuscht. Raffiniert dann freilich der Schluss. Als Surtitle erscheint das Wort „Ende“ mit Fragezeichen. Ist die Versöhnung des zur Lady aufgestiegenen Blumenmädchens Eliza Doolittle mit ihrem „Erzieher“, dem Phonetik-Professor Higgins, wirklich tragfähig? Wer will, kann sich von diesem Finalakzent zum Nachdenken anregen lassen. Doch vor allem sieht man 3 Stunden lang opulentes Showtheater.
Kaum jemand wird es sich letztlich anders wünschen, und es bliebe ja auch immer noch Raum, die schon etwas fatale Geschichte zu variieren und zu unterlaufen. Vor allem müssten die Figuren psychologisch stimmen. Bei Elizas meist angeheitert röhrendem Vater (prall: HANS-MARTIN STIER) kann eigentlich nicht viel schief gehen, auch nicht bei dem liebesschmachtenden Freddy (Charme in Person: MILJENKO TURK). Bei REGINA RICHTER mag letzte Authentizität vielleicht (noch) fehlen, aber ihre Eliza besitzt in jeder Hinsicht absolut liebenswürdige Kontur.
KLAUS SCHREIBERs Higgins hingegen kommt über Biederkeit nicht hinaus, und Hilsdorf vermag in seiner grundsätzlich soliden und temperamentvollen Arbeit nicht anzudeuten, was Eliza an diesem überheblichen Querulanten findet. Andere wenig günstige Besetzungen (Pickering, die Damen Pearce und Higgins) kommen hinzu, sodass ein unerfüllter Rest bleibt, jenseits von Schmaus für Aug‘ und Ohr. Für letzteren sorgt, ungeachtet leichter akustischer Probleme, das GÜRZENICH-ORCHESTER unter ANDREAS SCHÜLLER mit rassigem Spiel.
Christoph Zimmermann