Koblenz: Wagner: Lohengrin, Vorstellung am 12. Juni 2012
Wenn sich ein kleines Haus, und dass darf man bei der Größe des herrlichen Barock-Theaterchens der Stadt Koblenz ohne Zweifel so sagen, an einen großen Chorschinken wie Lohengrin wagt, ist erstmal Skepsis angebracht. Das Ergebnis dieser Produktion kann sich aber nicht nur sehen und hören lassen, es ist sogar beispielgebend, wie man mit begrenzetem Budget große
Oper zum Ereignis werden lassen kann.
Intendant und Regisseur MARKUS DIETZE gelingt alles. Ohne statisches Herumgestehe bewegt er die Chormassen intelligent und sicher, gibt den Protagonisten Raum zur Entfaltung und deutet behutsam und stückkonvergent die Geschichte.
Als ein großer akustischer wie szenischer Glücksfall erweist sich, die Sänger vor dem Orchester singen und agieren zu lassen. Trotzdem bleibt das Musikalische präsent und gestattet sogar Nuancen, die im konventionellen Bühne-Graben- Theater nicht möglich wären.
Sparsam, aber sinnfällig der Raum von BODO DEMELIUS. Unterstützend, wenngleich fast zu viel sagen wollend, die Kostüme CLAUDIA CASERAs.
Und Koblenz fährt mit einer teils hauseigenen Besetzung auf, die sich an etablierteren Bühnen hören lassen könnte. Als Gast besticht SUSANNA PÜTTERS mit subtiler Phrasierung und warmer Mittellage als schöne und fragile Elsa. Sie vermag es auch, ihre Figur psychologisch durchzuerzählen. JAN KETTILSON singt den Titelhelden sehr sicher und kontrolliert, gestaltet jedoch seinen Text leider ungenügend und monoton. MONICA MASCUS, seit vielen Jahren im Ensemble, überrascht mit einer glänzend gesungenen, unforcierten Ortrud, die großes Format hat. Ähnlich überzeugend meißelt MICHAEL MROSEK den Telramund ohne Ermüdungserscheinungen und mit klarer Diktion.
Leichte Abstriche muss man beim überforderten JONGMIN LIM als König Heinrich machen. Zwar besitzt er ein warmes fließendes Basstimbre, doch er tut sich mit der exponierten Partie noch keinen Gefallen. Etwas gepoltert kommt der Heerrufer JOHANNES BECKs daher.
Agil und präsent die vier Edlen (MARTIN SHALITA, ALEXANDER KRÖNER, CHRISTOPH PLESSERS und KAI UWE SCHÖLER). Homogen die Edelknaben (besonders HANA LEE mit wahrlich edlem Timbre).
Faszinierend die Leistung des Chores an diesem Abend. Verstärkt wird der Hauschor durch einen Extrachor und den Freien Opernchor Coruso. Das Ergebnis ist verblüffend. Differenziert ausgearbeitet, absolut textverständlich und klanglich satt gelingt eine großartige Leistung.
Am Pult der Rheinischen Philharmonie steht KARSTEN HUSCHKE, der unaufgeregt und ehrlich das Mammutwerk dirigiert und dem die konzentrierten Musiker exzellent folgen.
Leider war das die letzte Aufführung des Lohengrin in Koblenz. Man möchte der Produktion eine Wiederaufnahme wünschen. So kraftvoll hört und sieht man Oper nicht alle Tage.
Damian Kern