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KLAGENFURT: MACBETH – Neuinszenierung

13.11.2013 | KRITIKEN, Oper
Melnychenko und Ansikin

Melnychenko und Ansikin

Klagenfurt: MACBETH – 12.11. 2013

 Sie sind omnipräsent, meist im Dunkeln zwischen den rasch vorbei fliegenden Nebelfetzen, diese rot gewandeten Hexen mit ihren grässlichen Fratzen, ihren struppigen Haaren und Bärten. Sie rühren im furchtbar rauchenden Hexenkessel, helfen ein Kind zu gebären, tragen die Wiege oder ein Bett herum, treten auch als Kinder auf oder liegen einfach da und beobachten das Geschehen.

Cesare Lievi hat in Giuseppe Verdis „Macbeth“ am Stadttheater Klagenfurt, dem Beitrag der Kärntner Bühne zum Jubiläumsjahr, diesen unheimlichen, magischen und mystischen Gestalten eine wichtige Rolle zugedacht, wenn er die Welt der Menschen mit ihren realen Geschichten und ihrer Politik jener der Hexen, also der Magie und der Irrealität gegenüberstellt. Und er lässt sie auch in den Traumverstellungen des Ehepaares Macbeth nach ihrem unerfüllten Kinderwunsch meist hinter einem durchschaubaren Schleier auftreten und agieren.

In einem grauen Einheitsraum von Josef Frommwieser, der völlig reduziert und fast schmucklos die einzelnen Schauplätze darstellt und mit wenigen Versatzstücken, einem knorrigen Baum, einem Bett, einer Wiege oder zwei Thronen auskommt, gleitet das schottische Königsdrama um die  machtgierige Lady Macbeth, die ihren ebenso nach Macht strebenden Mann in einen blutigen Reigen von Mord und Intrigen treibt, das mit dem Tod der beiden endet, sehr erregend dahin. Da wird auch nicht an Symbolik oder  einnehmender Ästhetik bei den historisch stilisierten Kostümen von Marina Luxardo in Pastelltönen gespart. Wiewohl der italienische Regisseur zwar eher auf eine sparsame Personenführung Wert legt, ist diese immer präzise und punktgenau am Text mit einigen klugen zeitgemäßen Aktualisierungen und immer beeindruckend durch ungemein starke Bilder umgesetzt, denen Luigi Saccomondi die emotional passenden Lichtstimmungen unterlegt hat.   

Dass seine Inszenierung auch fesselnd wirkt, ist auch den schauspielerischen Fähigkeiten  der Darsteller zu verdanken, die noch dazu in einer seltenen Geschlossenheit exzellent singen, dass es eine wahre Freude ist. Allen voran die Ukrainerin Tatiana Melnychenko als Lady Macbeth, die diese Rolle schon an der Scala gesungen hat, die mit einer Urgewalt an Präsenz und riesiger Stimme das Geschehen steuert und beeinflusst. Höchste, schneidende Dramatik ist zu vernehmen, ihr fülliger Sopran ist aber auch zu inniger Lyrik fähig. Ihr zur Seite Maksim Aniskin als Titelheld, der mittlerweile seine Indisposition bei der Premiere schon überwunden hat. Er singt ihn anfänglich in der Höhe etwas beengt  aber dann mit einem wunderbar kernigen, sehr kultivierten Bariton und vielen unterschiedlichen Farben. Merunas Vitulskis singt den Macduff in der tiefen Lage etwas vibratoreich aber in den Höhen mit herrlichem, strahlenden Tenor. Selten hat man einen so edlen Bass wie jenen des jungen Operndebütanten Evgeny Stavinskiy als Banco gehört.  Bei den kleineren Partien, die vom Hausensemble besetzt wurden, gefallen Golda Schultz (Kammerfrau der Lady Macbeth) mit klarem Sopran, Patrick Vogel (Malcolm)  mit schönem, lyrischen Tenor wie auch David Steffens als Arzt in der Maske von Sigmund Freud. Auch der Chor des Hauses (Einstudierung: Günter Wallner) gefällt wegen seiner ausgewogenen Homogenität und Stimmkraft.

Den Abend in seiner sehr guten Qualität noch abrundend, erlebt man das Kärntner Sinfonieorchester unter dem neuen Chefdirigenten Alexander Soddy auf Siedehitze: Mitreißend,  spannungsgeladen mit gewaltigen Ausbrüchen nur selten von der Lautstärke etwas überhitzt, aber auch  mit feinsten lyrischen Tönen.

Großer Jubel für den zweiten Opernerfolg der neuen Saison!

 Helmut Christian Mayer

 

 

 

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