Katrin Unterreiner:
SISI & CO
Die geheimen Leidenschaften der Habsburger
Geheime Hobbys, unbekannte Spleens, verbotene Passionen
176 Seiten, Verlag Carl Ueberreuter, 2024
Im Grunde waren sie eher harmlos…
Wenn man sich fragt, wer einem noch Neues über die Habsburger erzählen kann, dann ist es wohl Katrin Unterreiner, die unermüdlich in den Familiengeschichten kramt und etwa sehr interessant dem Habsburger-Vermögen auf der Spur war. Wenn man wieder einmal die ewig verkäufliche „Sisi“ aufs Titelblatt setzt, hat man das nächste Buch über die glücklicherweise so reichlich mit Mitgliedern versorgte Familie, die einst Österreich (und mehr) regierte…
Was gibt es wirklich Neues? Besonders gerne kündigt man angeblich Mysteriöses an – „die geheimen Leidenschaften der Habsburger“ sind allerdings im allgemeinen nicht so dramatisch. Vergleicht man sie mit anderen Herrscher-Familien, handelt es sich bei ihnen sogar um ziemlich harmlose Gesellen und Gesellinnen. Immerhin, einiges ist amüsant.
So beispielsweise, einmal Details über die Spielleidenschaft von Maria Theresia zu erfahren, die meist nobel übergangen wird. Tatsache ist, dass diese Frau, die ein Reich lenkte (und sie machte es nicht schlecht), die über zwanzig Jahre hindurch fast immer schwanger war, die viel Zeit für ihre katholischen Rituale aufbrachte, sich abends entspannte, indem sie sich einem – an sich verbotenen – Glücksspiel hingab. Das Kartenspiel „Pharao“ wird von Katrin Unterreiner nicht weiter erklärt, was man begreift, wenn man sich in Wikipedia angesichts der komplizierten Regeln die Zähne ausbeißt. Offenbar saß man, wie bei Black Jack, einem Dealer für die Bank gegenüber, der die Karten ausgab, worauf die Spieler auf die Blätter der Mitspieler wetteten. Dabei ging es um hohe Summen, und Maria Theresia, die hier offenbar zügellos war, hat auch schon einmal 100.000 Gulden dabei verloren. Allerdings holte sie das wieder herein, denn ihr Glück im Spiel war legendär (und nicht getürkt, weil das hier gar nicht möglich war): Ihre Opfer waren ihre Hofbeamten, die zum Spiel abkommandiert wurden, oft zu deren Verzweiflung, weil sie große Summen verloren und nichts dagegen unternehmen konnten…
Wie harmlos ist dagegen das Hobby ihres Enkels Kaiser Franz II./I., der ein passionierter und wohl auch sehr kompetenter Gärtner war. Maria Theresias Gatte wird als „Börsenspekulant“ geoutet, Thronfolger Franz Ferdinand als schießwütiger Jäger, was ebenso bekannt ist wie die Tatsache, dass Kronprinz Rudolf im Geheimen politische Artikel für die liberale Zeitung seines Freundes Moriz Szeps (Neues Wiener Tagblatt) schrieb.
Was Kaiserin Elisabeth betrifft, so betont die Autorin deren Gewaltmärsche, die ihre Entourage zur Verzweiflung trieb, aber weniger das, was wirklich „geheim“ bleiben sollte – denn dass sie Fotos von Underdogs der Gesellschaft sammelte, war für eine Dame der höchsten Kreise wahrlich „unschicklich“.
Dass Kaiser Franz Joseph eine Vorliebe für Uniformen und Zigarren hatte, zeigt, welch harmlose Seele er war. Frauenhelden und Spieler bei den Habsburgern stellen auch keine Todsünden dar, und dass man sich „Novitäten“ wie der Fotografie oder der Ballonfahrt widmete, war vielleicht schon damals nicht so schrecklich aufregend. Einen Folterkeller hat sich keiner gehalten…
Kurz, es ist nicht weit her mit den „Geheimnissen“. Was das Buch allerdings liefert, sind Kurzporträts einzelner Familienmitglieder, auch solcher, die man weniger kennt. Und das wird die unermüdlichen Habsburg-Leser dann auch wieder erfreuen.
Renate Wagner