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Katrin Unterreiner: OH, WIE SCHÖN SIE IST!

11.05.2022 | buch, CD/DVD/BUCH/Apps

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Katrin Unterreiner:
„OH, WIE SCHÖN SIE IST!“
SISI, KLEIDER EINER KAISERIN
149 Seiten, Carl Ueberreuter Verlag, 2022 

Kleider machen Leute, sie bestimmen das Bild, das jemand von sich nach außen vermitteln will. Und für Kaiserin Elisabeth von Österreich war klar: Sie wollte die schönste Frau ihrer Zeit sein. Und über mehrere Jahrzehnte hindurch ist ihr das auch gelungen.

Historikerin Katrin Unterreiner, Habsburg-Spezialistin, hat sich nun unter dem Untertitel „Sisi – Kleider einer Kaiserin“ der zielgerecht eingesetzten Garderobe der hohen Dame  gewidmet, was auch teilweise neue Erkenntnisse bringt. Denn wie extrem und „borderline“-mäßig sich Sisi ihrem Körper (inklusive der Haarpracht) widmete, das ist oft behandelt worden. Weniger übrigens der Aspekt, dass sie mit ihrer unglaublichen Schlankheit gegen den Geschmack der Zeit, der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, aufstand. Denn im Gegensatz zum späteren 20. Jahrhundert, wo Modefotografen die anorexischen Models vor die Kamera zerrten und zum Schönheitsideal erklärten, mochte man es damals durchaus eher fraulich-mollig. Sisi hingegen konnte nach ihren eigenen Ansprüchen nicht schlank genug sein – ein Foto mit ihrer „Wespentaille“ zeigt genau, wie sie es darauf anlegte, Erstaunen zu erregen und sich auch als unikat zu zelebrieren.

Was das erhaltene Material  zu Elisabeths Bekleidung betrifft, so ist es eher dürftig. Stoffe halten nicht über eineinhalb Jahrhunderte, manche fürstliche Kleidungsstücke wurden auch an die Kirche weitergegeben und dort zu liturgischen Gewändern umgearbeitet. Was das Buch an Modellen zeigt, ist von einem Salon in Gödöllö nachgeschneidert, der sich darauf spezialisiert hat.

Der Historiker ist auf das Bildmaterial angewiesen, das gar nicht so reichhaltig ist, weil die Kaiserin schon früh begann, sich nicht mehr fotografieren zu lassen (immer dessen bewusst, dass ihr Schönheits-Kapital vergänglich war) und man vordringlich auf Gemälde angewiesen ist.

Von diesen freilich haben einige Ikonen-Charakter, vor allem das weiße Tüllkleid, in dem Franz Xaver Winterhalter die Kaiserin malte, wo wiederum die Sterne in ihrer Haarpracht den Blick auf sich ziehen. Sogar die kritische Schwiegermutter Sophie anerkannte damals, dass die diamantenen Sterne „ihr so gut stehen“. Besonders schön war Elisabeth auch im ungarischen Look, vor allem dem Krönungsgewand und anderen Festkleidern dieser Art.

Im übrigen geht das Buch in Bild und Text chronologisch vor – von der Fotografie im schlichten Alltagskleid, das die  15jährige „Prinzessin in Bayern“ 1852 zeigte, die in Wien von ihren hochadeligen Hofdamen verachtet wurde (kein regierendes Haus, zu jung, zu ungebildet), bis zu dem schwarzen Gewand, in dem sie 1898 ermordet wurde.

Dazwischen lag der Weg eines halben Kindes, das ziemlich bald begann, ihren Mann und die Welt zu manipulieren, um ihr eigenes Leben jenseits ihrer Aufgabe als Kaiserin zu führen, und die ihre Schönheit dabei als Waffe einsetzte. Erfolgreich – „Oh, wie schön sie ist!“ rief der Schah von Persien aus, als er die Kaiserin erstmals sah, und Franz Joseph lag stets zu ihren Füßen, ungeachtet dessen, wie schlecht sie ihn behandelte und wie viel Geld sie ihn kostete. Das Buch kann auf enorme Schneiderrechungen zurückgreifen, die sich im Archiv länger gehalten haben als die Kleider selbst. Elisabeth hatte einige bevorzugte Schneider in Wien, bestellte aber auch in London und Paris. Wie genau das vor sich ging, ist allerdings ein Geheimnis. Möglicherweise hat auch die Kaiserin in den Modezeitschriften geblättert, die es damals schon gab.

Wenn Elisabeth, die viel zu wenig öffentlich erschien, um eine „Trendsetterin“ zu sein, individuell entschied, dann nur so weit, dass ihre Reit- und Wanderkleidung sie nicht beengen durfte (regelrecht in „Hosen“ trat sie nicht auf), und dass sie nach dem Selbstmord ihres Sohnes Rudolf so gut wie ausschließlich schwarz trug (wie Maria Theresia nach dem Tod ihres Gatten Franz Stephan). Dabei hatte Sisi, die lange schimmernde Grau- und Mauve-Töne bevorzugte (nur in der Jugend gab es „frische“ Farben), schon früh entdeckt, wie „dramatisch“ und geheimnisvoll die Farbe Schwarz sie machte…

Der genaue Blick auf Elisabeths Kleidung, so weit man sie durch die Fotos und Gemälde der Zeit überliefert bekam, ist also durchaus aussagekräftig. Hier liegt aber auch der evidente Schwachpunkt des Buches: das miserabel-dicke, dumpfe Papier, auf dem es gedruckt ist. Die gezeigten Bilder würden nur entsprechend wirken, wenn sie wirklich auf hellem Hochglanz erstrahlten, so ertrinken sie in Glanzlosigkeit. Der Verlag argumentiert mit den bekannt gewordenen Lieferschwierigkeiten der Papierbranche und dass das Buch in Zusammenhang mit der Ausstellung in Schloß Halbturn erscheinen musste. Das mindert nicht die Enttäuschung, die man empfindet, auch wenn inhaltlich durchaus einige neue Aspekte angesprochen werden – ein Kunststück angesichts der überbordenden Literatur zu Kaiserin Elisabeth.

Renate Wagner

 

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