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KARLSRUHE: UN BALLO IN MASCHERA

13.10.2013 | KRITIKEN, Oper

Karlsruhe: „UN BALLO IN MASCHERA“ 12.10.2013

 Angelehnt zur History um den schwedischen König Gustav III. inszenierte Aaron Stiehl „Un Ballo in Maschera“ (Giuseppe Verdi) am Badischen Staatstheater, jenen Herrscher welcher die lauernden Gefahren stets ignorierte, stellte Stiehl als Traumtänzer dar. Jo-Jo spielend, tänzerisch verspielt nimmt der König die Gefahren des bereits im ersten Bild anwesenden Attentäters kaum gewahr, stets  stellt sich Graf Anckarström schützend vor den Freund. Textgenau ohne wesentlichen Verfremdungen wird die Handlung erzählt, die jedoch übliche Zeitverlegung zeigt die Aera vor dem zweiten Weltkrieg, somit auch der Outfit der Kostümierungen (Doey Lüthi), Ulrica in buntem Kleid mit offener Kittelschürze und Hochfrisur, attrakiv in schwarzer weiter Hose und weißer Bluse der kettenrauchende Oscar, die Herren teils im Cut oder Matrosenlook und das gesamte Ensemble zum Maskenball in einheitlich dunkler Robe, überdimenisonierten  Halskrausen, Pappkronen und Goldmasken. Der Bühnenrahmen (Friedrich Eggert) zeigt die Halle des Schlosses Drottningholm mit rissiger Fassade und untermalt somit optisch die bereits bröckelnde Macht, das bevorstehende Lebensende des Monarchen. Alles in allem eine gelungene, sehr ästhetische Produktion und entsprechend mit wenigen Contrastimmen vom Publikum akzeptiert.

Die in ihn gesetzten Erwartungen der ML erfüllte Johannes Willig nur teilweise, obwohl die Staatskapelle unter seiner Stabführung prächtig musizierte, vermisste ich den Tiefgang zur hinreißenden Interpretation der farbenreichen Verdi-Partitur. Zögerlich,  verschleppt nimmt Willig die Tempi, verpasste teils die dynamischen Abstufungen, erwies sich dennoch als umsichtiger Ensemblebegleiter, doch fehlte diesem Musizieren die packende, leidenschaftliche Glut. Barbara Dobrzanska als Amelia zu erleben war schon ein Ereignis, vortrefflich stellt sie die sich im Zwiespalt der Gefühle zerrissene Figur sehr glaubhaft dar und brachte zudem ihr adäquates, schön timbriertes Stimmpotenzial mit ein. Lupenrein gerieten die hohen Ansätze ihrer großen, beiden Arien, sensibel führt die ausgezeichnete Sängerin ihren makellos geführten, silbrig-schattierten Sopran in klangvolle Oberregionen. Sonor im Tiefenregister, tragfähig im metallisch klingenden Höhenpotenzial überraschte Ewa Wolak mit einer regelrecht monumentalen Ulrica. Sauber, frisch mit klangvoll, strahlendem Sopran, burschikosem Aplomb servierte Ina Schlingensiepen den quirligen Oscar.

Andrea Shin der koreanische Tenor verfügt zwar über ein  tragfähiges, sich nach oben glanzvoll öffnendes Material, in den mittleren und tiefen Bereichen verlor die Stimme jedoch an Substanz und war zudem mit einem fortwährenden, seltsam kratzigenTon behaftet. Im Persönlichkeitswandel vom Freund zum Mörder glänzte Jaco Venter vortrefflich. Kernig, intensiv kam sein mächtig auftrumpfender Bariton und ließ allerdings jeglichen, belcantesken Feinschliff  vermissen. Glaubhaft und rollendeckend vernahm man das Verschwörerpaar die Grafen Ribbing und Horn (Lucas Harbour, Luiz Molz), den Richter (Johannes Eidloth), Amelias Diener (Jan Heinrich Kuschel) sowie den Seemann Cristano (Andrew Finden).

Äußerst beweglich agierten Chor und Extrachor (Ulrich Wagner), formierten sich ohne Peinlichkeiten  auch tänzerisch im Finalbild und verstanden es zudem in nuancierter Vokalität zu überzeugen. Uneingeschränkt wurden die musikalischen Leistungen, besonders die Damen, kurz aber heftig in zwei Durchgängen gefeiert.

Gerhard Hoffmann

 

 

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