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KARLSRUHE: TESEO von G.F.Händel bei den Internationalen Händel-Festspielen

21.02.2015 | Allgemein, Oper

Karlsruhe: „TESEO“ 20.02.2015 –  Internationale Händel Festspiele 2015

TESEO
TESEO: Valer Sabadus, MEDEA: Roberta Invernizzi. Foto: Falk von Traubenberg

Die „Internationalen Händel Festspiele 2015“ im Badischen Staatstheater wurden mit der dritten Londoner Oper „Teseo“ eröffnet. Dieses Werk von Georg Friedrich Händel etwas im Schatten des „Rinaldo“, weist dennoch zahlreiche Bühneneffekte und eine Fülle an musikalischen Einfällen auf. Dabei ist Teseo aus diverser Sicht ein Ausnahmewerk, denn das italienische Libretto von Nicola Haym basiert auf einer französischen Vorlage und behält daher auch die damals in Frankreich übliche Fünfaktfassung bei. Auch Händel hielt an dieser Operntradition fest und es finden sich auch in seiner Komposition unübliche Schemen von Secco-Rezitativen  und Da-Capo-Arien. Auffällig für die Medea-Rolle komponierte Händel mehrere Accompagnato-Rezitative und Arien welche in abruptem Wechsel zwischen düsterem Klageton und wildem Zornesausbruch wie bei Moriro, ma vendicata pendeln.

Aus meiner Sicht erlebte nun „Teseo“ eine musikalisch hochmotivierte sowie optisch würdevolle Aufführung. Wie die Geschichte zu berichten weiß, brannte bei der UA 1713 der Impressario mit der Abendkasse durch, diese Panne blieb der heutigen Premiere erspart.

 Die Oper mit drei Countertenören plus drei anspruchsvollen Sopranrollen angemessen zu besetzen, gelang mit kleinen Ausnahmen in der Tat. Somit beginne ich galanterweise mit den Damen: die standhafte um ihre Liebe kämpfende Agilea verkörperte Yetzabel Arias Fernández vokal wie darstellerisch optimal. Die kubanische Sängerin fand zum jeweiligen Gefühlszustand die vortreffliche Charakterisierung, ließ ihren wandlungsfähigen, strahlenden, koloraturgewandten Sopran perlen in Verbindung einer anmutig-dezenten Darstellung.

Quirliger Gegenpol, soubrettenhaft, leicht wie im burschikosen Spiel, höhensicher, klangschön, ja bezaubernd verkörperte Larissa Wäspy die Clizia.

Roberta Invernizzi, gern gehörter Gast am Hause, war die heikle Extrempartie der Medea anvertraut. Ganz im Duktus der barocken Tonsprache schenkte die wandlungsfähige Sopranistin ihrer Partie in den düsteren, magischen Momenten die individuellen Klangfarben, hatte lediglich mit den Koloraturen leichte Probleme. Die ausdrucksstarke Sängerin beeindruckte jedoch optisch zunehmend als leidenschaftliche, faszinierende Zauberin.

 Überzeugend, weich und rund, elegant geführt erklang das herrliche Mezzo-Timbre von Valer Sabadus (Teseo). Profiliert, klar linear verströmt diese nicht sehr voluminöse Counterstimme, eine verführerische, erotisch-anmutende Männlichkeit,  krönte seine flexible Vokalisation mit fulminanten Koloratur-Feuerwerken u.a. bei Qual tigre e qual megera und avancierte mit diesen Leistungen zum Publikumsliebling.

 Diesem hohen Level konnte Flavio Ferri-Benedetti qualitativ nicht mithalten. Sein dunkel gefärbter Mezzo mit sonorem Altregister wies zuweilen Brüche auf, rutschte vom Falsett in die natürliche Baritonstimme. Somit konnte der italienische Nachwuchssänger lediglich darstellerisch als König Egeo überzeugen. Als Dritter im Bunde der „künstlichen“ Frauenstimmen fungierte Terry Wey in der Rolle des Arcane. Weich im Ton, heller timbriert, transparent, geläufigen Koloraturen schenkte Wey dieser Buffopartie, auch darstellerisch glaubwürdige Konturen. Mit dem Kurzauftritt des Priesters im Finale ließ Mehmet Altiparmak seinen prachtvollen Bariton erklingen. Zum Chor der Athener vereinten sich die schönen Stimmen von Constanze Kirsch, Tahnee Niboro, Zela Saita, Florin Calita, Deren Mehmet Eladag, Cornelius Lewenberg, Mehmet Altiparmak.

 Unter der fachkundigen Leitung von Michael Form entfaltete das bewährte Spezialorchester Deutsche Händel-Solisten den faszinierenden Klangzauber in herrlich seidig, transparentem Instrumentalglanz. Beherzt, erfrischend „formt“ Form die Spannungsbögen, den federnd leichten Klang der Partitur und stand mit dieser beispiellosen Interpretation und dem wunderbaren Klangkörper ganz oben in der ohnedies überschwänglichen Publikumsgunst.

Die gefeierte Produktion wurde von einem sehr jungen Team erarbeitet und zeichnete sich durch eine lebendige, leicht augenzwinkernd-ironische Atmosphäre aus. Der Regisseur Daniel Pfluger erzählt die Geschichte sinngemäß am Text, ohne störende Elemente. Gewiss gab es während wiederholenden Treppauf-Treppab-Gängen der Protagonisten Leerläufe in der Personenführung, dennoch störten sie für meine Begriffe keineswegs die sonst mit Gags gespickte Inszenierung.

 Zunächst viel Holzdeko auf der Bühne (Flurin Borg Madsen) Wände, Treppen, Podeste in angenehmem Kirschbaumton, variieren im wechselvollen Spiel der Drehbühne zu phantasievollen, magischen Momenten u.a. der Geisterbeschwörung in Medeas blutrotem Zauberreich oder den optisch sehr atmosphärisch gestalteten 3D-Videoadaptionen (Benedikt Dichgans, Philipp Engelhardt). Ein echter Hingucker die Kostüme (Janine Werthmann, Kerstin Griesshaber) in ihrer aeraüberspringenden Vielfalt, ganz besonders gelungen die Popdiva-Robe der Medea.

 Alle Akteure einschl. des Produktionsteams wurden zehn Minuten mit lautstarken Beifallsstürmen, nein weit gefehlt mit regelrechten Hurricans der Begeisterung bedacht.

 Fazit: drei Stunden kurzweilige Theatermagie – ein großer Wurf zur Händel-Tradition des Hauses und sehr gelungener Kontrast zur WA des phänomenalen Kerzenschein-Riccardo des Vorjahres.

 Gerhard Hoffmann

 

 

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