Karlsruhe: „TANNHÄUSER-GALA“ 10.02.2013
Die sehr kühle, aber dennoch ästhetische Optik des Venusberges konnte selbst bei schwülem Lichtdesign, wenig über die kahlen Seelenlandschaften hinweg täuschen. Mehr als verständlich, dass es Tannhäuser aus dieser sterilen Atmosphäre drängte, weg von der unerotischen Venus, dem brav, biederen Frühgymnastik-Bacchanal – mich hätte dort auch nichts gehalten. Völlig unspektakulär, zur fast nüchternen Personenregie (Aron Stiehl) entwarf Rosalie die unvorteilhaften Kostüme sowie den Bühnenraum, einheitlich, leicht variiert das erste und dritte Bild, chromblitzend, transparent modern gestylt die „teure Halle“, fanden auch nach wiederholten Besuchen nicht meine Zustimmung.
Erklang Richard Wagners Partitur unter der fachkundigen Stabführung des GMD´s in romantisch angesiedelter Klangtransparenz, setzte nun Johannes Willig mehr auf voluminöse, eskalierende Orchestrierung, die Badische Staatskapelle ließ sich unter seiner Leitung zwar zu sauberem Musizieren inspirieren, klang jedoch teils recht trocken und die Koordinierung zur Bühne wollte nicht immer gelingen. Mit enormen Höhenausbrüchen, wohl dosiertem Volumen, schönen Piani und prachtvollen Sopranattacken trumpft Heidi Melton auf, hier wächst eine Wagner-Heroine bester Qualität heran. Doch konnte mich dieser Sopran als verführerische Venus, ohne jede Sinnlichkeit, ohne die warmflutende Mezzoerotik nicht überzeugen, auch störte mich mitunter das leichte Vibrato der Stimme. Den konträren Frauentyp bietet dagegen vokal wie optisch Petra Maria Schnitzer, berührend mädchenhaft, lyrisch, aufschwingend in glühender Liebe, entrückt verhalten im Gebet, vereint sie alle Facetten der Elisabeth in herrlich leuchtenden Tönen – welch eine Traumstimme!
Ohne Zweifel gilt Peter Seiffert dato als einer der besten Rollenvertreter des Titelhelden. Mir schien sein gereifter prachtvoller Tenor bedurfte noch im ersten Bild einer Aufwärmphase, stürmisch fordernd erblühte seine wohltimbrierte Stimme zu voller Strahlkraft im Sängerwettstreit, um schließlich den dritten Akt in einer Psycho-Studie, in mentaler und vokaler Reife zu krönen. Allerdings hätte ich mir zur Romerzählung mehr Nuancierung und weniger Lautstärke gewünscht. Ganz anders interpretierte Armin Kolarczyk den Wolfram, wann erlebt man einen so wunderbares Baritontimbre? Mit welcher Noblesse, welch schmerzlichem Legato im Monolog zu Beginn des Finalakts, welch fein zisilierte Phrasierung bot dieser Sänger im Lied an den Abendstern. Kolarczyk sang sich damit in die Herzen der Zuhörer und wurde dafür mit Ovationen bedacht. Wunderschön und intonationssicher gestaltete der Knabensopran Tom Volz, herzerfrischend agierend den Hirten, souverän sang Konstantin Gorny den Landgraf, frei strömend, ohne Druck erklang der Tenor Matthias Wohlbrecht (Walther), klangvoll stach der Bass Lucas Harbour (Biterolf) hervor, gut besetzt ebenso die kleinen Rollen des Heinrich und Reinmar (Steven Ebel, Luiz Molz) sowie die Edelknaben (Camelia Tarlea, Julia Mazur, Uta Hoffmann, Ursula Hamm-Keller).
Der von Ulrich Wagner bestens betreute Chor – und Extrachor glänzte in hervorragendem Klangbild und verlieh der Aufführung ein ergänzend individuelles Profil.
Zehn Minuten Beifall und Bravostürme für alle Beteiligten.
Gerhard Hoffmann