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KAISERSLAUTERN/ Pfalztheater: LA TRAVIATA . Neuinszenierung

23.09.2019 | Allgemein, Oper


Susanne Langbein (Violetta), Daniel Kim (Alfredo). Foto: Thomas Brenner

Kaiserslautern: „LA TRAVIATA“

                                    Besuchte Aufführung am 22.09.2019

Vor einer Woche hatte Verdis „La Traviata“ Premiere am Pfalztheater, ich besuchte nun die sogenannte B-Premiere mit der zweiten Violetta jedoch davon später. René Zisterer erzählte die traurige Story um die Kamelien-Dame schlüssig ohne Verfremdungen, verlegte die Handlung in unsere Gegenwart und schuf spannende Personen-Konstellationen. Der Regisseur beleuchtete realistisch die heutige egoistische Gesellschaft: Violetta stand im Mittelpunkt solange sie für dieses Establishment interessant erschien krank, ausgekränzt zum Slogan stirbt jeder für sich allein.  Freunde des Regietheaters kamen in dieser klug durchdachten Inszenierung weniger auf ihre Kosten.

Den vortrefflichen ästhetischen Aspekt unterstrich natürlich ganz besonders die gefällige Bühnen-Ausstattung (Agnes Hasun), wenige Interieurs vor variabler heller freundlicher Kulisse mit im ersten Aufzug, Landhaus-Atmosphäre mit Blick aufs Meer, ein Spielsalon und zum Finalbild ein überdimensioniertes Himmelbett. Elegante Haute Couture für Violetta und farbenprächtige Roben für die Damen und Anzüge für die Herren kreierte Marcel Zaba und fertig war die ansprechende Optik – Bravo! Mit Phantasie und gutem Geschmack geht´s also doch, man muss an so manchem Banausentum nicht verzweifeln.

Bei Uwe Sandner am Pult des Pfalztheater Orchesters erlebte man nun keine pfiffige, kreative Auseinandersetzung mit der Partitur sondern mehr oder weniger eine solide Kapellmeisterarbeit. Zuweilen vernahm man vom Orchester wunderschöne lyrische Momente und spritzige Klangkultur, jedoch überwiegend sehr knallige Dimensionen, dynamische Feinheiten blieben dem auftrumpfenden Instrumentarium leider verwehrt. Dennoch war Sandner seinen Solisten ein verlässlicher umsichtiger Begleiter.

Attraktiv und  elegant kam Violetta Valery daher, doch wollte die Vokalise nicht so recht zur Erscheinung passen. Susanne Langbein verfügt gewiss über ein dramatisches Potenzial welches auch entscheidend im zweiten Aufzug vortrefflich eingesetzt wurde,  doch schmeichelten  das Timbre weder die Höhenbereiche ihres weniger flexiblen Soprans meinen Ohren.

Als schwärmerischen Charakter zeichnete Daniel Kim den Alfredo, schenkte der Figur darstellerisch die signifikante Aura und ließ einen lyrischen strahlkräftigen Tenor vernehmen.


Nikola Diskic (Germont), Daniel Kim (Alfredo). Foto: Thomas Brenner

Die kultivierteste Stimme des Abends bot jedoch jeden Zweifels erhaben Nikola Diskic. Entgegen der regielich auferlegten kalten Unnahbarkeit schenkte Diskic der Vaterfigur des Giorgio Germont vokale noble Akkuratesse. In makellosem Duktus entfaltete sich die prächtig fokussierte Stimme sowohl im dramatischen Aplomb als auch wunderbar nuancierter  mezza voce.   Der junge Serbe offenbarte in Vollendung sein herrliches Timbre wohlklingend und ausdrucksstark und überzeugte geradezu als Verdi-Bariton der Spitzenklasse.

Ein üppiger Mezzosopran war der koketten Flora (Polina Artsis) zu eigen. Julia Pastor war die aparte Annina und angenehm fügten sich die Stimmen Tae Hwan Yun (Gastone), Daniel Böhm (Douphol), Kyung Park (d´Obigny) und Kihoon Han (Genvil) ins Geschehen.

Agil jedoch oft einige Spuren zu laut artikulierte sich der Chor und Extrachor (Gerhard Polifka).

Mit spärlichem Szenenapplaus und keineswegs ausufernder Begeisterung feierte das undiszipliniert in die Szenen hustende Publikum alle Beteiligten.

Gerhard Hoffmann

 

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