Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

KAISERSLAUTERN/Werkstattbühne: DA KOMMT NOCH WER von Knut Vaage/ EIN MOND AUS KOCHENDER MILCH von Camille Kerger

15.11.2013 | KRITIKEN, Oper

Zwei Kammeropern in Kaiserslautern: „Da kommt noch wer“ von Knut Vaage und „Ein Mond aus kochender Milch“ von Camille Kerger (Vorstellung: 14.11. 13)

Unbenannt
Monika Teepe, Richard Morrison. Foto: Pfalztheater Kaiserslautern

 In Kooperation mit dem Théâtre National du Luxembourg zeigte das Pfalztheater Kaiserslautern auf seiner Werkstattbühne zwei deutsche Erstaufführungen von bislang unbekannten Kammeropern:  „Da kommt noch wer“ des norwegischen Komponisten Knut Vaage und „Ein Mond aus kochender Milch“ des Luxemburger Komponisten Camille Kerger.

 Knut Vaage (geb. 1961) absolvierte ein Studium als Pianist und Komponist an der Grieg-Akademie in Bergen. Sein Schaffen reicht von symphonischen Werken, Opern über Kammermusik und Liedern bis zu Solostücken. Seine erste Opernkomposition war „Da kommt noch wer“ nach einem Schauspiel von Jon Fosse, die im Jahr 2000 auf dem Ultima-Festival für zeitgenössische Musik in Oslo uraufgeführt wurde. Im Mai 2013 fand seine Oper „Khairos“ an der Den Norske Opera in Oslo große Beachtung.

 Die Handlung des Einakters: In einer einsamen Landschaft hat ein Paar ein altes Haus gekauft, um „allein miteinander, allein beieinander“ zu sein, fern von anderen Menschen. Doch schon unmittelbar nach ihrer Ankunft spüren beide, dass sie sich falsche Vorstellungen vom Leben in der Einsamkeit gemacht haben. Die Frau wird von Unruhe erfasst, dass ein Fremder ihre Zweisamkeit stören könnte. Die Beteuerungen ihres Mannes, hier seien nur sie und die Wellen des Meeres, können die Frau nicht beruhigen. Tatsächlich erscheint ein fremder Mann, der sich als Enkel der Vorbesitzerin herausstellt und der dem Paar das Haus verkauft hat. Der Mann empfindet seine Präsenz als Bedrohung und glaubt nicht, dass er nur schauen kam, wie sie zurechtkommen. Als der Mann und die Frau ins Haus gehen, stellen sie fest, dass sie auch dort nicht allein sind: die Möbel, die Bilder, die benutzte Bettwäsche, selbst der Nachttopf zeugen von den Menschen, die hier lebten. Als der Fremde wiederkommt, um ein Glas mit den neuen Bewohnern zu trinken, zerbricht endgültig der Zusammenhalt des Paares.

 Sie wurde von der hübschen Sopranistin Monika Teepe, er vom sehr männlich wirkenden Bariton Richard Morrison dargestellt, die beide ihre Rollen ausgezeichnet spielten und auch stimmlich zu gestalten wussten. Die Nervosität der Frau greift wie in einem Krimi sogar zusehends auf das Publikum über. Den Besucher spielte der Tenor Daniel Kim, der – allein schon durch sein asiatisches Aussehen – wie ein Fremder wirkte. Das achtköpfige Orchester, das hinter der Spielfläche der Bühne die zum Teil nervige Partitur wiedergab, in der das Schlagwerk dominierte, wurde von Markus Bieringer geleitet.

 Nach der Pause kam der Einakter „Ein Mond aus kochender Milch“ von Camille Kerger zur Aufführung.  Der 1957 in Luxemburg geborene Komponist ist ein vielseitig begabter Musiker, spielt er doch Posaune, singt, dirigiert und komponiert. Er studierte in Luxemburg und Metz, anschließend in Mannheim und Düsseldorf, komponierte Orchesterwerke, Opern und Kammermusik. Sein Einakter „Ein Mond aus kochender Milch“ kam 2003 in Luxemburg zur Uraufführung.

 Die Handlung der Kammeroper, deren Libretto Nico Helminger verfasste, in Kurzfassung: Bei Verhandlungen über den Verkauf einer ehemaligen Molkerei kommen einander die Besitzerin und der Käufer, der hier einen Nachtklub eröffnen möchte, näher. Als ein Fremder erscheint, geraten auf einmal alle Wahrheiten ins Wanken, alle Identitäten scheinen „ver-rückt“: ist der Fremde der berüchtigte Kreuzhackenmörder oder ein biederer Buchhalter? Warum nistet er sich in der leerstehenden Molkerei ein? Der Käufer gibt sich plötzlich als Polizist aus – ein schlechter Scherz? Wem kann die Molkerei-Besitzerin noch trauen? Hat sie gar ihren Mann umgebracht? Es entspinnt sich unter den Dreien ein Wechselspiel unterschiedlicher Koalitionen auf einem schmalen Grat zwischen erotischer Begierde und Rivalität, geschäftlichen Interessen und Gewalt. Als die beiden Männer gemeinsam über die Frau herfallen wollen, weiß sie sich tatkräftig zu wehren – mit der Kreuzhacke…

 Die Besitzerin wird von der Sopranistin Barbara Meszaros in einem eleganten, tief dekolletierten schwarzen Kleid mit roten Schuhen (Kostüme: Thomas Dörfler, der im ersten Einakter die Darsteller ganz in Weiß eingekleidet hatte) gespielt. Mit starker erotischer Ausstrahlung und höhensicherer Stimme. Der Käufer wurde wieder von Richard Morrison, der Fremde wieder von Daniel Kim dargestellt. Beide Männer waren sowohl schauspielerisch wie stimmlich erstklassig, dennoch fehlte dem an sich spannenden Stück jene Atmosphäre, die der Regisseur Bruno Berger-Gorski im ersten Einakter zu vermitteln verstand (eindrucksvoll die Videoeinspielung der Meereswellen). Möglich, dass auch die Musik, von einer vierköpfigen Band gespielt (Leitung auch wieder Markus Bieringer), zu wenig zur Handlung beisteuerte.

 Thomas Dörfler war nicht nur für die Kostüme zuständig, er besorgte auch die Bühnenausstattung in beiden Kammeropern. Im ersten Stück hingen die ebenfalls ganz in Weiß gehaltenen Einrichtungsgegenstände des Hauses schräg von der Decke, im zweiten waren es riesige Schläuche in allerlei Farben, dazu diverse Milchkannen und gläserne Milchflaschen, die herumstanden. Für die Lichteffekte sorgte Harald Zidek.

 Udo Pacolt

 

 

Diese Seite drucken