Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

Jasmin Solfaghari: CRASHKURS OPER

02.11.2020 | buch, CD/DVD/BUCH/Apps

Jasmin Solfaghari
CRASHKURS OPER
Geschichte – Komponisten – Werke – Spielstätten
116 Seiten, Verlag SCHOTT MUSIC, 2020

Viele Leute reden über Oper, aber wie steht es wohl mit ihrem ganz konkreten Wissen zu diesem Thema? Woher diese Art von Musiktheater kommt? Wie sie gemacht wird? Wer die wichtigsten Leute waren, die wichtigsten Werke?

Man kann dazu auch große Wälzer heranziehen (und wer ganz, ganz tief schürfen will, sollte das tun) – aber unsere Zeit ist schnell, wir wollen auch die Informationen schnell und gut aufbereitet, aber mit einer Basis an verlässlichem Wissen, auf das man aufbauen kann. Ob man nun ein Erwachsener ist oder ein Jugendlicher – je mehr man von etwas weiß, umso mehr hat man davon.

Da empfiehlt sich der „Crashkurs Oper“, den die Regisseurin Jasmin Solfaghari, zumal er so übersichtlich gegliedert und so anschaulich illustriert ist, dass man das Wissen mit vollem Vergnügen in sich hineinschaufelt.

Sie ist ein Mensch von heute, sie verwendet unsere Sprache (nichts Abgehobenes, Oper ist für alle): Wahrscheinlich kann man wirklich sagen, dass es ein „Workshop“ bzw. ein „Brainstorming“ war, zu dem sich die Mitglieder der Florentiner Camerata Ende des 16. Jahrhunderts zusammen fanden, um ihre Künste und ihre Werke besser zu „verkaufen“. Nicht nur Musik, sondern auch Szene, nicht nur Handlung, sondern auch die Vermittlung durch begleitenden Sprechgesang. Das war tatsächlich die Geburtsstunde der Oper (mit der „Dafne“ des Jacopo Peri, 1598).

Und dann kam schon Claudio Monteverdi, der erste Großmeister, der sich bis heute „gehalten“ hat. Und von da an war die „Oper“ nicht mehr aufzuhalten – und wandelte sich natürlich mit den Zeiten. Und Jasmin Solfaghari kann auch mit einem Satz sagen, was Richard Wagner von allen seinen Vorgängern unterscheidet… Tabellenübersichten gibt es immer wieder, sie sind extrem nützlich, weil sie Wissen auflisten und vergleichen.

„Oper“ ist ein so aufwendiges Unternehmen, dass es ohne Opernhäuser nicht geht, aber als Normalmensch kennt man die Fassade, den Zuschauerraum und noch Foyer und Pausenräume. Wie riesig der Schnürboden im Vergleich zur Bühne sein muss – eine Aufrißskizze macht es klar. Auch über die Bedeutung des Librettos muss gesprochen werden, wie grenzenlos die Möglichkeiten der literarischen Vorlage sind.

Und Opernsänger sind und waren immer schon ein Kapitel für sich (mit Extra-Exkursen etwa zu Kastraten und Hosenrollen). Wunderbar altmodische Koffer illustrieren das Leben von Opernstars heute, wo ganz richtig vermerkt wird, dass jedem Sänger es frei steht, selbst Marketing für sich zu betreiben. Das wissen auch Leute, die Oper oft nur über die Klatschspalten rezipieren…

Ganz wichtig ist schließlich der Abschnitt über Opernregie, umstritten, wie das Thema nun einmal ist (dazu gibt es einen prächtigen historischen Überblick bis in die Gegenwart). Wer macht was und warum – und wie entsteht überhaupt eine ganze Produktion? Es ist gar nicht so einfach, diese komplexen Vorgangsweisen so klar darzstellen, wie es hier geschieht.

Am Ende wird es individuell, denn wahrscheinlich würde jeder andere Werke nehmen, wenn er einzelne Opern (sicher auch Lieblingsopern von Jasmin Solfaghari) vorstellt. Kurz gefasst Fakten, Handlung, Höhepunkte (man könnte einen ganzen Opernführer, der Werken gewidmet ist, so übersichtlich darstellen).

Und schließlich, das Ganze ist ja wahrlich keine bierernste Angelegenheit, hat die Autorin noch eine Rubrik eingeführt, die sie „Herrlich absurd“ nennt und wo sie Opernschmankerln erzählt. Was für einen Lacher es gibt, wenn Tosca von der Engelsburg nicht in den Tod, wohl aber immer auf weiche Matratzen stürzt. Wenn die aber plötzlich wie ein Trampolin funktionieren – und die Diva noch einmal in die Höhe geschleudert wird? Wer da dabei gewesen sein mag, erzählt die Geschichte wohl sein Leben lang.

Es gibt auch noch nützliche Übersichten, über die beliebtesten Arien der Opernliteratur zum Beispiel oder eine Liste der berühmtesten Komponisten vom Beginn bis Heute, von Monteverdi bis Olga Neuwirth.

Am Ende wünscht man sich das Buch – als alternative Ausgabe für Opernfreunde, die es gern opulent haben – doppelt so dick und vor allem doppelt so groß und auf Hochglanz, damit auch das reiche Bildmaterial besser zur Geltung kommt. Aber als Nachtkastl- oder U-Bahn-Lektüre ist diese „kleine Form“ natürlich ideal.

Renate Wagner

 

 

 

Diese Seite drucken