J. S. BACH: PARTITEN BWV 825-830; RICHARD EGARR Cembalo – harmonia mundi 2 CD
Tänze mit der Zeit, der Zahl und Gottes Vollkommenheit: Und der König tanzt wirklich!
Richard Egarr ist in Sachen Bach zur Kultnummer geworden. Da hat einer alles inhaliert, was die Interpretationsgeschichte hergibt und baut sich damit jetzt sein eigenes, zumindest gedanklich mit Zahlenmystik gespicktes Bach-Wolkenkuckucks-Eigenheim. Nach dem Wohltemperierten Klavier, den Englischen und Französischen Suiten nun also die Partiten, verteilt auf zwei Tonträgern als vorläufiger Höhepunkt in Sachen Egarrscher Bach-Erkundung. Auf seinem fabelhaft saftig klingenden Cembalo, einem modernen Nachbau eines Ruckers aus dem Jahr 1638, gestimmt auf A=399, von Joel Katzman, zelebriert Egarr unseren Bach zwischen rhythmischer Freiheit und funkelndem Prunk, innehaltender Melancholie und tänzerischem Schwung. Der Hörer folgt dem virtuosen Wünschelrutenlauf auf verschlungenen Pfaden, lässt sich anstecken, irritieren, bisweilen bleiben Fragen offen. Ob die zeitliche und räumliche Organisation von Klang, wie Egarr dies ausdrückt, auf einem übermenschlichen Niveau stattfindet, mag für die Partitur gelten, nicht aber für Egarrs Spiel, das höchstpersönlich ausfällt. Da menschelt es ganz schön, das Spiel ist mit eigenwilligen Rubati gespickt, es enthüllt auch des Musikers Seele, was der Identifikationskraft womöglich zuträglich ist, aber ganz frappierend im Kontrast zu all den mathematisch-theologisch-numerischen Anmerkungen des Interpreten im Booklet steht. So einen philosophischen Zugang hätte man eher Glenn Gould mit seinem glasklaren Anschlag und der metronomisch-astralen Spielweise zugetraut. Wie auch immer, wer diese Solowerke Bachs nicht auf Klavier, sondern auf Cembalo hören möchte, wird hier bestens bedient. Der Klang ist direkt und räumlich gut erfasst. Für die ruhigeren Momente des Lebens eine gute Wahl.
Dr. Ingobert Waltenberger