Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

ISABELLA GREGOR bringt Blindenmarkter „Rose“ zum Blühen

Erblich belastet und mit neuen Texten hochaktiv

Erblich belastet und mit neuen Texten hochaktiv:

Isabella Gregor bringt Blindenmarkter „Rose“ zum Blühen

Ingo Rickl im Gespräch mit der Regisseurin Isabella Gregor

Sie zählt seit nunmehr neun Jahren zu den prominentesten, erfolg- und ideenreichsten Musiktheater-Regisseurinnen Österreichs: die in Oberösterreich aufgewachsene Wienerin Isabella Gregor, die zur Zeit wenige Tage vor der Blindenmarkter Premiere von Leo Falls Meisteroperette „Die Rose von Stambul“ wie ein Wirbelwind zwischen Wien und der Mostviertler Ybbsfeldhalle pendelt. Der Wirbelwind ist kein zerstörerischer, er bläst jedoch Staub vom Libretto der Herren Julius Brammer und Alfred Grünwald sanft in Richtung Jetztzeit, in die Sphären der Aktualität.

Gregors erste künstlerische Erfahrungen lagen in der Familie: Ihr Vater Karl Österreicher (1923 – 1995) war Dirigent der Extraklasse, der ebenso zur musikalischen Erziehung beitrug wie ihre Mutter Sieglinde Wetzelsberger als Sängerin. Ihr Cousin ist kein Geringerer als der gefeierte Pultstar Franz Welser-Möst, dessen Karriere sie mit Freude und Anteilnahme mitgenießt. Natürlich besuchte sie bei den Salzburger Festspielen die vom Richard-Strauss-Spezialisten mit den Wiener Philharmonikern phänomenal musizierten Opern „Daphne“, „Der Rosenkavalier“ und „Salome“. Der Cousin ist Vorbild Nummer eins, wie man Musik und Libretto ideal zur Geltung bringt.

Der unvergleichliche Nachwuchs-Förderer Alexander Pereira gab ihr in der Oper Zürich die Chance bei David Pountny und Peter Mussbach als Regieassistentin zu fungieren. Pountny inszenierte Johann Strauss’ selten gespielte Operette „Simplicius“ (Dirigent Franz Welser-Möst) und Mussbach Alban Bergs „Wozzeck“ (am Pult Christoph von Dohnanyi). „An der Seite dieser Menschen zu arbeiten war ein Glück, das mein Leben bis heute bereichert.“

In Österreich wurde sie für die regelmäßige Zusammenarbeit von Michael Garschall gefördert, der zwei überaus erfolgreiche Festspiele leitet: im Sommer die „operklosterneuburg“ und im Herbst die Blindenmarkter Herbsttage. Ihr Blindenmarkter Debüt feierte sie 2009 mit Franz Lehárs „Lustiger Witwe“, gefolgt von der Oberösterreich-Operette „Der fidele Bauer“, Paul Burkhards „Feuerwerk“, Jacques Offenbachs „Orpheus in der Unterwelt“, „Im weißen Rössl“ von Ralph Benatzky und „Boccaccio“ von Franz von Suppé.

In Klosterneuburg gefielen Wolfgang Amadeus Mozarts „Zauberflöte“ sowie das Erfolgsgespann „Cavalleria Rusticana“ von Pietro Mascagni und „Pagliacci“ von Ruggiero Leoncavallo, in Bad Ischl „Der Vogelhändler“ von Carl Zeller und das Erfolgsmusical „My Fair Lady“ von Frederick Loewe. Nach seinen 14 Jahren bei Lehár-Festival Bad Ischl war es der nach Baden übersiedelte Indendant Prof. Dr. Michael Lakner, der gemeinsam mit Isabella Gregor im vergangenen Sommer einen phänomenalen „Bettelstudenten“ präsentierte.

Obwohl Frau Gregor liebend gerne mehr Opern inszenieren würde, steht sie also nun vor Leo Falls inmitten der Wirren des Ersten Weltkrieges uraufgeführten „Rose von Stambul“. Brammer, Grünwald und Leo Fall beteiligten sich nicht, wie viele ihrer Kollegen, an der Verherrlichung oder Sympathie für den Krieg, der ausklingenden Monarchie (Beispiel Emmerich Kálmáns „Csardasfürstin“), sondern flüchteten in ihrer Geschichte nach Istanbul und einen Kurort in der Schweiz. Isabella Gregor, die das Textbuch nach eigener Interpretation aktualisierte und die Handlung in die Gegenwart verlegte, spart in ihrer Bearbeitung nicht mit aktuellen politischen und gesellschaftlichen Anspielungen in der Türkei, auch für die Schweiz fielen ihr treffende Pointen ein. Ihre Begründung: „Die Dialoge müssen besonders in diesem Werk die Handlung vorantreiben, die unvergleichlichen Schlagermelodien sind zum Genuss geschrieben, tragen jedoch zur doppelten Liebesgeschichten wenig bei.“

Ein intellektueller Abstecher bezüglich der Aktualisierungen sei gewagt. Stéphane Lissner, Intendant der beiden Pariser Opernhäuser, hat dies vor Kurzem in einem Interview im KURIER unter dem Aufmacher „Kein Zurück zur Nostalgie-Oper“ bezüglich des Engagements seiner Regisseure, vollinhaltlich bestätigt. Letztlich entscheidet immer das Publikum….

Dazu passt auch, dass sich Isabella Gregor nach mehr Regiearbeiten für Opern sehnt. Eines liegt auch aus Österreich vor, dazu je eine Operette in Deutschland und Österreich. Auch Herbert Föttinger, Direktor des Theaters in der Josefstadt, hat ein Angebot parat, womit Gregor zwischendurch auch wieder einmal als Schauspielerin zu bewundern sein wird.

Noch einen weiteren Abstecher wollen wir gemeinsam mit Isabella Gregor nach Blindenmarkt machen. Intendant Garschall und sein unvergleichlicher Musikchef Kurt Dlouhy bieten heuer ab Freitag, dem 5. Oktober, ihre bereits 29. ausverkaufte Vorstellungsserie in 28 Jahren. Der Team-Gedanke, die perfekte Zusammenarbeit zwischen Intendant, musikalischem Leiter und Regisseurin ist das eine Erfolgsgeheimnis. Das zweite heißt: Alle, wirklich alle Bürger der Gemeinde Blindenmarkt samt den umliegenden Orten des Ybbstales stehen hinter den erfolgreichen Herbsttagen: private Zimmervermieter, Gastronomen, Handwerker, Bühnenarbeiter, die heimischen Choristen, Techniker, für die Operette früh begeisterte Kinder. Dazu kommen die Mitwirkenden der Ortschaft wie Christina Bruckner und Heinz Müller sowie der von Kurt Dlouhy betreute Nachwuchs (Anja Mittermüller, Lena Stöckelle), weiters die laut Gregor in der „Rose“ zu wenig beschäftigten, von ihr individuell nach Muster Otto Schenk motivierten Choristen.

Ehe Isabella Gregor dem MERKER-Schreiber Richtung Blindenmarkt entfloh, brachte sie noch ein für die Stammbesucher wichtiges Detail an: „Willi Narowetz, ein echter Volksschauspieler der Region, war für die Partie des Kemal Pascha vorgesehen, nach seiner schweren Erkrankung im Vorjahr bat er noch um Erholung in der heurigen Aufführungsserie.“ Liebhabern des Kabaretts sei allerdings verraten, dass der beliebte Willi am Sonntag, dem 21. Oktober, im Rahmen einer Kabarett-Matinee um 11 Uhr gemeinsam mit Elisabeth Fellnhofer, Susanne Rader, Gabi Schuchter und Robert Kolar, begleitet vom Pianisten Bernd Leichtfried, Lachstürme unter dem Motto „So dreht sich alles um die Welt“ ernten wird.

„Die Rose von Stambul“ mit Andreja Zidaric, Iurie Ciobanu, Verena te Best, Roman Martin, Claus J. Frankl, Marcus Ganser, Susanna Hirschler u.a.

16 Aufführungen von 5. bis 28. Oktober

Karten: Tel 07473/66680 Mail: karten@herbsttage.at

Ingo Rickl

MERKEROnline

 

Diese Seite drucken