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INTERVIEW MIT JENS NEUNDORFF VON ENZBERG, dem künftigen Intendanten des Staatstheaters Meiningen

INTERVIEW MIT JENS NEUNDORFF VON ENZBERG, dem künftigen Intendanten des Staatstheaters Meiningen


Jens Neundorff von Enzberg. Copyright: Uwe Moosburger

Jens Neundorff von Enzberg studierte Musikwissenschaften, Theatermarketing und Kulturwissenschaften in Berlin und Leipzig.

Gleich nach seinem Studienabschluss arbeitete er ab 1992 als Dramaturg für alle Sparten am Meininger Theater. Danach wechselte er an die Sächsische Staatsoper Dresden. Ab 2000 ging Jens Neundorff von Enzberg ans Theater Bonn und avancierte dort zum Chefdramaturgen für Musiktheater und Tanz an der Oper Bonn. Acht Jahre lang leitete er mit „Bonn Chance!“ eine groß angelegte, bedeutende experimentelle Musiktheaterreihe von Bonn aus. Als Gastdramaturg betreute er 2005 die Oper „Mitridate, re di Ponto“ von Mozart bei den Salzburger Festspielen und war Stipendiat der Bayreuther Festspiele. Nebenbei schrieb er auch Beiträge in zahlreichen Klassik-Musikzeitschriften. Ab der Spielzeit 2012/2013 wurde Jens Neundorff von Enzberg Intendant am Theater Regensburg. Mit innovativen Ansätzen, wie der Uraufführung der Oper „Lola rennt“ von Ludger Vollmer, gelang es ihm gleich in der ersten Spielzeit, die Besucher- und Abonnentenzahlen erheblich zu steigern.

Nun kommt er als Nachfolger von Ansgar Haag an das Meininger Staatstheater ab der Spielzeit 2021/2022 und löst seinen laufenden Vertrag in Regensburg vorzeitig auf. Kurzfristig stand er für ein Interview zur Verfügung.

–        Jens Neundorff von Enzberg, Sie werden der neue Intendant des Meininger Staatstheaters und Sie kennen das Haus schon aus der Zeit, als Ulrich Burkhardt Intendant war und Sie selbst stammen aus Südthüringen. Kommen Sie mit heimatlichen Gefühlen zurück?

JNvE: Ich habe die Erfahrung gemacht, dass für uns Theaterleute Heimat immer der Ort ist, an dem wir gerade sind. Aber natürlich spielt Meiningen und Thüringen in meinem Leben eine besondere Rolle. Nicht nur, dass ich in Ilmenau geboren bin – Meiningen war auch mein erstes Engagement nach dem Studium.

–        Von 1992 bis 1996 arbeiteten Sie als Dramaturg für alle Sparten unter der Leitung des damaligen Intendanten Ulrich Burkhardt. Woran erinnern Sie sich gern?

JNvE: Die gesamte Zeit war ein Rausch. Wir waren eine unglaublich eingeschworene Truppe und alles war möglich. In meiner Erinnerung fand jede Idee ihr Publikum. Die ZuschauerInnen waren dankbar, neugierig und kritisch. Uli Burkhardt war ein offener, cleverer Theatermanager, der einen großen Instinkt hatte. Eine seiner großen Qualitäten war der unorthodoxe Weg in Spielplangestaltung- und Umsetzung. Er war genial in der Suggestion, dass das Meininger Theater das wichtigste und beste der Nation ist und dass selbst bekannteste Regisseure dort zu geringen Gagen arbeiten möchten. Dadurch habe ich unglaublich viele spannende und damals sehr prominente Köpfe kennenlernen dürfen.

–        Ihr „Theaterweg“ führte sie weiter an die Sächsische Staatsoper Dresden, das Theater Bonn, sie waren Operndirektor am Staatstheater Braunschweig und sie waren schon Intendant am Theater Regensburg. Was reizt Sie jetzt am Meininger Staatstheater?

JNvE: Ich sehe vielfältigste Möglichkeiten für die Präsentation spannender, auch innovativer Handschriften mit einer tollen Hofkapelle und KünstlerInnen auf hohem Niveau – und einen großen Rückhalt in der kommunalen und Landespolitik. Außerdem gilt: Das Bonmot zu „Meiningen vom Theater mit der Stadt“ (und nicht umgekehrt) bewahrheitet sich ja immer noch! Das Meininger Staatstheater ist ein überregional wichtiger Theaterstandort in einer geschichtsträchtigen, heterogenen Region mit Besuchern aus mehreren Bundesländern. Unter anderem diese Vielfalt an Publikum reizt mich!

–        Welche Pläne haben Sie für das Staatstheater Meiningen?

JNvE: Es gibt natürlich viele Pläne und Ideen, die auch im Bewerbungsverfahren be- und hinterfragt wurden. Derzeit geht es darum, diese zu konkretisieren und auf ihre unmittelbare Realisierung zu überprüfen. Ich merke, dass die Begeisterung für das Theater beim Publikum nach wie groß ist. Gleichzeitig spüre ich, dass sich die Rahmenbedingungen in den letzten 24 Jahren verändert haben. Darauf muss und werde ich reagieren. Theatermachen ist generell schwerer geworden, weil es eine Zeit gab, in der sich Theaterverantwortliche und Publikum voneinander entfernt haben. Hinzu kommt, dass die Angebote für das Publikum auch außerhalb des Theaters größer geworden sind. Dennoch glaube ich an das Unmittelbare und den Live-Charakter im Theater und bin mir sicher, dass diese Form noch lange Bestand haben wird.

–        Als Operndirektor am Staatstheater Braunschweig gaben Sie viele Uraufführungen in Auftrag. Werden Sie diesen Weg auch in Meiningen fortsetzen?

JNvE: Uraufführungen haben mich immer schon begleitet. Ich war und bin an der Auseinandersetzung mit lebenden Komponisten und Autoren stark interessiert. Das wird sich auch in Meiningen nicht ändern.

–        In Regensburg haben Sie auch den Ort des Theaters verlassen und haben neue Spielstätten außer Haus gesucht. Gibt es solche Pläne für Meiningen?

JNvE: Auf jeden Fall!

–        Das Meininger Theater hat mit den Kammerspielen auch viele kleine Theaterformen entwickelt. Wie wird es damit weitergehen?

JNvE: Die Kammerspiele sind eine große Errungenschaft für das Meininger Staatstheater. Sie bieten eine Plattform für neue Formen und ungewöhnliche Projekte. Es wäre ein Fehler, dies nicht zu nutzen.

–        Ansgar Haag wird ja noch einige Stücke in Meiningen inszenieren, haben Sie mit ihm schon Pläne gemacht?

JNvE: Ansgar Haag hat in Meiningen über viele Jahre sehr erfolgreiche Arbeit geleistet. Interessanterweise habe ich über seine Inszenierung der „Tosca“ das Meininger Theater für mich wiederentdeckt – anschließend landete der Dirigent und erste Kapellmeister Chin-Chao Lin im Favoritenkreis für die Generalmusikdirektorenstelle am Theater Regensburg und hat diese bekanntermaßen auch bekommen. Gegenwärtig reden wir über jeweils eine Arbeit in den ersten zwei Spielzeiten.

Wir danken Ihnen für das Gespräch.

Larissa Gawritschenko und Thomas Janda

 

 

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