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INNSBRUCK/ Tiroler Landestheater: DIE FLEDERMAUS. Neuinszenierung. Mit dem Frosch ging´s aufwärts

Innsbruck / Tiroler Landestheater: DIE FLEDERMAUS“ 20.12. 2025(2.Vorstellung) –

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Susanne Langbein und Florian Stern beim „Uhrenduett“ im 2. Akt. Foto: Barbara Palffy)

Mit den empörten Worten Orlofskys „Wie langweilig!“ wurde das Publikum nach Ende des 2. Aktes in die Pause geschickt und war geneigt, dem Prinzen nicht zu widersprechen. Ziemlich humorbefreit zogen die Akte 1 und 2 an dem Zuhörer vorüber, was auch an den Akteuren liegen mochte: das gekonnte Auskosten von Pointen wurde durchwegs verschenkt und auf der Bühne mangelte es an markanten Persönlichkeiten. Gerade bei einer Operette wie der „Fledermaus“, die landauf, landab ständig auf den Spielplänen anzutreffen ist, sind Vergleiche nicht zu vermeiden. Ohne Augenzwinkern können die 150 Jahre alten, immer noch spritzig-witzigen Dialoge nicht dargeboten werden. Gott sei´s gelobt – nach der Pause kam endlich Stimmung auf, das bis dahin sich sehr zurückhaltende Publikum erwachte aus seiner Lethargie und ergötzte sich an den wirklich gelungen zeitgemäßen Texten mit starkem Tirol-Bezug von Xaver Schumacher, die „Frosch“ Martin Leutgeb (dessen Karriere am TLT begann) ohne Geblödel trefflich vortrug und für Lachstürme sorgten. Jasmina Hadziahmetovic, bis 2024/25 noch Operndirektorin am Haus, schuf eine  grundsolide Inszenierung, in welcher der Chor (Einstudierung Michel Roberge) nur als tänzelnde Staffage diente und jegliche Individualität der einzelnen Personen vermissen ließ. Die Hauptdarsteller wurden routiniert geführt, aber sobald diese ihre Gesangsnummern abgeliefert haben, standen sie teilnahmslos auf der Bühne herum. Paul Zoller schuf sehr nüchterne, fast schon stimmungstötende Bühnenbilder, Mechthild Feuerstein verpasste den Solisten typengerechte, ansehnliche Kostüme, besonders Rosalindes Robe im 2. Akt war ein echter Hingucker. Sechs Tänzerinnen begleiteten die Handlung von Anfang an und man fragte sich – warum. Andrea de Majo zeichnet für die belanglose Choreographie verantwortlich. Das penetrante Gekreische des Tanzsextettes bitte umgehend einzustellen, es nervt und Offenbachs Can-Can wird nicht gespielt. Absolut verzichtbar ist das unnötige Vorspiel vor Einsetzen der Ouvertüre. Der mündige Zuseher braucht keine Aufklärung der Vorgeschichte der Handlung.

Auf der Bühne war fast das gesamte Sänger-Hausensemble vertreten und schlug sich sehr wacker. Susanne Langbein, absoluter Darling des Tiroler Publikums, schaffte den Aufstieg von der einstigen Kammerzofe (anno 2015) nun hin zur „Gnädigen“ hervorragend. Ihre „Rosalinde“ war der absolute Mittelpunkt des Abends. Der gefürchtete Csardas gelang ihr hinreißend. Florian Stern, in dieser Saison im Dauereinsatz (nach Bacchus und Broucek) stattete nun den „Eisenstein“ mit heldischen Tönen aus, von der (angesagten) Indisposition war bei ihm ebenso wenig zu bemerken wie bei Bernarda Klimars androgyn gewandetem „Orlofsky“. Annina Wachter glänzte nach ihrer stupenden „Ariadne“-Zerbinetta (im aktuellen Programmheft wird auf ihre brillante„Zerlinein der „Ariadne“ hingewiesen – kein Kommentar!) nun auch als quirlige, mit quellfrischem Sopranglanz ausgestattete „Adele“. Dass ihre Arie im 3. Akt ein wenig verpuffte, geht ausschließlich auf das Konto der Regie. Die beiden Bariton-Youngsters des Hauses, Jacob Phillips und Benjamin Chamandy, überzeugten stimmlich als „Falke“ und „Frank“ sehr, blieben jedoch darstellerisch im neutralen Bereich. Jason Lee gefiel sich als „Alfred“ in der Pose des Nordketten-Pavarotti, Bernardette Müller (Ida) und Jakob Nistler (Dr. Blind) ergänzten das Ensemble angemessen.

Ingmar Beck leitete das Tiroler Symphonieorchester Innsbruck mal schwungvoll, dann wieder sehr gedehnt. Zur Originalpartitur wurden auch andere Nummern des Walzerkönigs eingefügt, so zu Beginn (!) des 2. Aktes „Unter Donner und Blitz“ sowie im späteren Verlauf die „Fledermausquadrille“. Reine Ohrenfreude bereitete das Orchesterspiel nicht – vieles klang süffig-einschmeichelnd, manches hingegen nach gehobenem Kurorchester. Was ist denn bloß zur Zeit mit unseren Musikern los?

Nach exakt zehn Jahren (letzte „Fledermaus“-Premiere war am 19.12.2015) gibt es also wieder einmal diesen Operettenklassiker am TLT – als hätte der geniale Johann Strauß keine anderen Bühnenwerke hinterlassen. Möglich aber, dass die Forderung der Geldgeber (Stadt Innsbruck / Land Tirol) nach mehr „Gassenhauern“ auf dem Spielplan ausschlaggebend war.  

Dietmar Plattner

 

 

 

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