IM ZEICHEN DER BLUMEN – Lieder von R. Strauss, A. Schönberg und A. Berg belvedere CD – Hanna-Elisabeth Müller; Juliane Ruf Klavier
„Kennst Du die Blume, die märchenhafte, sagengefeierte Wasserrose?“ (Felix Dahn) Auf diese Frage werden manche ,botanisch vielleicht‘ antworten, viele aber werden dieses wunderbare Lied von Richard Strauss noch nicht gehört haben. Dann ist es Zeit für die neue Lied-CD mit dem programmatischen Titel „Traumgekrönt“ der lyrischen Sopranistin Hanna-Elisabeth Müller. Als Opernsängerin bereits in Salzburg, an der MET und der Mailänder Scala etabliert, beweist Hanna-Elisabeth Müller auch beim Lied ein feines Gespür für das oft heikle Verhältnis von Wort und Ton, die richtige Balance für die Gratwanderung zwischen Klangschönheit und deklamatorischer Finesse.
Drei Gruppen mit insgesamt 17 Liedern von Richard Strauss sind die „Vier Lieder Op. 2“ von Arnold Schönberg und die „Sieben frühen Lieder“ von Alban Berg, beide Zyklen der Spätromantik angehörig, dazwischengestellt. Diese ungewöhnlich arrangierten „Blumen-Sträusse“ umrahmen somit frühe Werke von Schönberg und Berg in ihren Zwanzigern. Bei Richard Strauss reicht die Spannweite der Entstehung der präsentierten Lieder von 1878 des gerade einmal vierzehnjährigen Komponisten mit „Ein Röslein zog ich mir“ bis zum allerletzten Lied aus der Feder des Meisters „Malven“.
Das Programm ist klug und überzeugend zusammengestellt. Alle Lieder handeln von Blumen, metaphorisch oder nicht, oft geht es in Wahrheit um Mädchenschicksale. Spannend und aufregend ist zu entdecken, dass die frühen Schönberg -Lieder wie noch schönerer Richard Strauss klingen. Das mag auch an den kaum versteckt erotischen Textvorlagen von Richard Dehmel liegen, die das richtige romantische Fundament des in die Schwester seines Lehrers, Kollegen und Widmungsträgers Alexander von Zemlinsky verliebten Schönberg gebildet haben könnten.
„Der ,zweite Strauss‘ von Strauss-Liedern verbindet recht extreme Blüten: Die Jugendstil-Gestik, das ornamentale Moment, intensiviert Strauss zu einem virtuosen Kostüm-Spiel mit divergierenden Stilelementen, die er nun auf klassische Texte anwendet.“ Georg-Albrecht Eckle. „Da finden sich das kokett antikisierende „Rosenband“ und Goethes zärtliches „Gefunden“. Die beiden Blumenlieder „Ich wollt ein Sträusslein binden“ und „Säusle, liebe Myrthe“ gestaltet Strauss zu kühnen Konzertstücken, in denen die Stimme instrumental eingesetzt wird“, weiß der Autor des Aufsatzes im Booklet weiter zutreffend zu formulieren.
Hanna-Elisabeth Müller verfügt über eine vibratoarme, schlanke, technisch perfekt fokussierte Stimme. Eine lupenreine Intonation ist ebenso vorhanden wie Textverständlichkeit und eine stupende Legatokultur. Es gibt sicherlich farbenreichere und üppigere Sopranstimmen für dieses Repertoire, auch mag der eine oder andere Tonansatz zu gerade erfolgen. Aber gerade für Alban Bergs „Sieben frühe Lieder“ ist diese sinnlich-kühle Interpretation, klar konturiert und nachtigallenhaft, ideal. Juliane Ruf begleitet einfühlsam, mit Persönlichkeit und der nötigen künstlerischen Eigenständigkeit, trotz der unglaublichen Harmonie mit der Solistin, eine besonders leuchtende Blüte, herausgegangen aus den Jahren der gemeinsam Arbeit.
Dr. Ingobert Waltenberger