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Hermann Bauer: GRILLPARZER-KOMPLOTT

13.07.2020 | buch, CD/DVD/BUCH/Apps

Hermann Bauer
GRILLPARZER-KOMPLOTT
Wiener Kaffeehauskrimi
284 Seiten, Gmeiner Verlag, 2020

Krimi-Autor Hermann Bauer hat es mit den Dichtern. Bei ihm gab es schon Nestroy-Jux und Lenau-Wahn, Schnitzler-Lust , Rilke-Rätsel und Stifter-Tod, und nun ist man beim Grillparzer-Komplott angelangt. Der Schauplatz ist aber immer derselbe – das (fiktive) Café Heller in Floridsdorf, und um die anfallenden Kriminalfälle kümmert sich wie immer Oberkellner Leopold. Für die Fans also alles in bewährten Bahnen im 13. Kaffeehaus-Krimi des Autors.

Nur, dass es diesmal einen zweiten Kaffeehaus-Schauplatz gibt. Leopold wird von der Polizei selbst aufgefordert (das möchte man im wirklichen Leben einmal sehen, aber wer weiß schon, was den Kieberern so einfällt), sich als „Undercover“-Ermittler im Café Schopenhauer in Währing zu verdingen, was ihm nicht schwer fällt, weil er ja auch dort alle Leute kennt. Nur zwei Jobs plus alle Leute ausfragen – das wird manchmal ein bisserl viel…

Die Ermordete, um die es geht, ist eine ehemals bekannte Schauspielerin namens Katja Winkler, deren Karriere vor erklecklichen Jahren endete, als ihre volle Gehfähigkeit nach einem (von wem verursachten?) Sturz über die Treppe nicht mehr hergestellt werden konnte. Wer mochte die alte Dame so gehasst haben, dass der jugendliche Kellner David, der ihr freundlicherweise ihre Supermarkt-Bestellungen ins Haus zu bringen pflegte, sie eines Tages ermordet auffindet? Wofür er prompt im Gefängnis landet – was Herr Leopold natürlich nicht dulden kann.

Er fragt sich beharrlich durch die Stammgäste und den Klatsch: Da gibt es den geschiedenen Gatten, der nicht freundlich auf die „Ex“ zu sprechen ist; ein alter abgewiesener Geliebter, der ausgerechnet mit der Tochter der Ermordeten ein Verhältnis hat; ein ehemaliger Germanistik-Professor mit dem Spitznamen „Grillparzer“. Und eine Schnaps-Runde (Bauernschnapsen spielt eine große Rolle) von vier ehemaligen Schauspielerinnen und Kolleginnen von Katja Winkler – die giften sich meist nach allen Regeln der Kunst an…

Man erfährt nicht nur, wie bei Hermann Bauer immer, jede Menge von Kaffeehaus-Interna (Leopold gibt wieder seine Philosophie preis, wie sich ein „Herr Ober“ zu verhalten hat, um bei den verschreckten Gästen höchste Reputation zu genießen), es spielt viel Privates mit (Leopold, seine Tochter, sein Freund, seine Geliebte zuhause), weiters hört man von den Besitzern der Kaffeehäuser, über ehemalige Pantscherln und versteckte gegenwärtige Romanzen… Und wenn der Roman nach und nach anzieht, dann kriegt auch der Leopold einmal eine über den Schädel (und dabei soll Wien doch nicht Chicago werden, wie man sich erinnert)!

Wer die Katja Winkler und dann noch eine Schauspielerin aus dem Bauernschnapsen-Quartett ins Jenseits befördert hat… nun ja, es ist einigermaßen überraschend. Nur das „Grillparzer-Komplott“ ist wirklich keines, es schleppt sich geheimnisvoll durchs Geschehen und verpufft, weil es eigentlich nicht existiert. Aber auch das muss in einem Krimi möglich sein…

Renate Wagner

 

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