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HELSINKI/ Finnische Nationaloper: DON CARLO

23.03.2014 | KRITIKEN, Oper

HELSINKI / Finnische Nationaloper : Don Carlos – 22.3.2014

Ûber diese Produktion war schon anlässlich der Première im Oktober 2012 berichtet worden. Ein erneuter Besuch einer der Reprisen verstärkte meinen früheren Eindruck einer Inszenierung (MANFRED SCHWEIGKOFLER), die in die Fallen des Bühnenbilds (WALTER SCHÜTZE) geraten war. Dieses lässt in dieser an Duetten reichen Oper wenig Platz zum Zusammenspiel, und – was noch schwerer wiegt – es scheint über viele akustische Löcher zu verfügen. Wenn selbst so mächtige Stimmbesitzer wie JYRKI KORHONEN (Filippo) und KOIT SOASEPP (Großinquisitor) recht kleinstimmig wirkten, lag dies m. E. an der ungünstigen Positionierung und an eben diesen „Löchern“. Wann endlich (wieder) verstehen es Ausstatter, ein Bühnenbild zu erstellen, das die Stimmen zur Geltung kommen lässt?

Es war für mich interessant, wie sich MICHAEL GÜTTLER, der am Vorabend in der Bohème-Premiére einen ausgezeichneten Eindruck hinterlassen hatte, in einer Repertoirevorstellung „schlagen“ würde. Nach diesen beiden Aufführungen zu urteilen, ist der Finnischen Nationaloper mit seiner Verpflichtung ein Glücksgriff gelungen. Wenn ich bei seinem Vorgänger oftmals ein nicht voll entwickeltes Gespür für die richtige Balance zwischen Bühne und Orchester moniert hatte, war bei Güttler „die Welt in Ordnung“. Chor und Orchester kamen hervorragend zur Geltung, und den Sängern war er ein aufmerksamer, anpassungswilliger und –fähiger Begleiter mit dem richtigen Maß, Führungsqualitäten auch einmal zu Gunsten eines besseren Miteinander hintan zu stellen.

Güttler, am St. Petersburger Mariinsky-Theater Gast-Dirigent, hatte von dort die Elisabetta mitgebracht, und man kann sich für die Rolle sicherlich fülligere Stimmen als die von VICTORIA YASTREBOVA vorstellen, die sich jedoch Respekt verdiente durch die Art und Weise, mit welcher Sicherheit sie die Tücken dieser an Schwierigkeiten reichen Partie bewältigte. Aus Moskau kam die Eboli-Sängerin, ELENA MAXIMOVA, (noch) am dortigen Stanislavsky-Nemirovich-Danchevsky-Theater verpflichtet, aber schon auch an der Metropolitan Opera zu hören. Der vorsichtige Aufbau, der sie an der heimischen Bühne nicht nur Koloratur- (Rossini), sondern auch kleinere Partien singen ließ, kam ihrer Eboli entgegen – eine Stimme, der weder die Beweglichkeit für das Schleierlied noch die Dramatik für „O don fatale“ abging und die dadurch großen Eindruck hinterließ. Ein Wiederhören in Helsinki wäre wünschenswert. Lediglich einige Töne in der Höhenlage zeigten, dass MIKA POHJONEN (Carlos) und JAAKKO KORTEKANGAS (Rodrigo) nicht optimal disponiert waren, doch Pohjonen beeindruckte insgesamt durch immer dramatischer werdendes Material, und Kortekangas bewies, dass es in der Nachfolge eines Jorma Hynninen auch so etwas wie finnischen Belcanto gibt. Im Bassfach klafft derzeit in Finnland eine Lücke. Durch solche Größen wie Talvela, Salminen oder Ryhänen sind wir gewohnt, Finnland als das „Land der Bassisten“ zu empfinden, doch fällt für den Finnen Korhonen und den Esten Soasepp der Vergleich mit ihren Vorgängern nicht zu ihren Gunsten aus. Gute „erste“ Bassisten für das „zweite“ Fach! Ob der junge NICHOLAS SÖDERLUND (Mönch) einmal diese Lücke ausfüllen kann, vermag ich nach diesem Abend noch nicht zu sagen. Vielleicht gelingt es Lilli Paasikivi, der neuen Künstlerischen Leiterin, ja, in Deutschland beheimatete Bassisten wie Mika Kares, Kouta Räsänen oder Sami Luttinen für ihr Heimatland zu interessieren.

Sune Manninen

 

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