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Heiko Schon: JACQUES OFFENBACH

24.03.2019 | buch, CD/DVD/BUCH/Apps

Heiko Schon:
JACQUES OFFENBACH – MEISTER DES VERGNÜGENS
216 Seiten, Regionalia Verlag, 2019

Ein 200. Geburtstag ist bei einem so berühmten Mann wie Jacques Offenbach (1819-1880) ein Ereignis, das jedenfalls viele Bücher hervorbringt. Man muss sich überlegen, wie man ein Thema – jenseits der gerade erzählten Biographie, die immer wichtig ist – von vielen Seiten her angehen kann. Die Kölner Offenbach-Gesellschaft, die den als „Kölsche Jung“ geborenen Jakob Offenbach nicht ganz den Franzosen überlassen will, hat ein bemerkenswertes Buch in Auftrag gegeben. Und Autor Heiko Schon hat mit „Jacques Offenbach – Meister des Vergnügens“ etwas Besonderes geliefert.

Das einführende Kapitel, das Kindheit und Jugend erzählt, scheint den Auftakt zu einer Biographie zu bilden – wenn da der Jakob aus nicht reicher, aber musikalischer jüdischer Familie in Köln im Mittelpunkt steht, der sich so in das Instrument des Cellos verliebte, dass er eigentlich eine Zukunft als interpretierender Virtuose vor sich zu haben schien.

Aber schon nach Ende des ersten Kapitels offenbart sich das Besondere des Buches: Es blättert alle Werke von Offenbach lexikalisch auf. Und das ist, bedenkt man die ungeheure Fülle nicht zuletzt von Einaktern, die er mit leichter Hand schnell geschrieben hat, genau das, was der Offenbach-Freund immer gesucht und in dieser Form nie gefunden hat. Hier wird die Werkliste (die am Ende des Buchs noch in den Titeln alphabetisch, sowohl Französisch wie Deutsch, abzufragen ist) nicht nur als solche geboten, sondern ausführlich dargestellt und kommentiert: der Inhalt, die Entstehungsgeschichte, die stärksten Nummern daraus, und, soweit vorhanden (es gibt übrigens erstaunlich viel an Tondokumenten), die CDs und Mitschnitte der Musik. Natürlich wird sich niemand von der ersten bis zur letzten Zeile durch diesen Lexikonteil lesen, obwohl Stichproben etwa der Inhalte zeigen, wie simpel die Sujets oft waren – aber auch, wie pointiert sie auf gewisse Themen zielten.

Was man hingegen mit Lust liest, sind die einzelnen, essayartigen Kapitel zu speziellen Offenbach-Themen, die das Wissen um den Künstler abrunden. Dass – die Kölner Offenbach-Gesellschaft hat sicher dafür gesorgt – die deutschen Bezüge stark sind, versteht sich, ob es die in Paris geschlossene Freundschaft mit Friedrich von Flotow war (man sprach Deutsch miteinander), die Besuche in Köln, nachdem er längst zum „Pariser“ geworden ist, oder seine Reisen, die ihn u.a. nach Wien führten (wo Marie Geistinger ihm eine große Interpretin war). In der Kaiserstadt hatte es sich übrigens gelohnt, dass er einst Eduard Hanslick geschmeichelt hatte – der Opernauftrag für die Hofoper, „Die Rheinnixen“, hatte gewiss damit zu tun, und ein konkurrierender Zusammenhang mit Richard Wagner ergab sich so auch…

Der Autor hat eine Menge spezifischer Fragen gestellt und interessant beantwortet, wobei auf Lesbarkeit und Übersicht statt auf wissenschaftliche Weitschweifigkeit Wert gelegt wurde. Er erzählt über das Jüdische an Offenbach, der zwar zum Katholizismus konvertierte, um seine Gattin heiraten zu können (mit der er dann fünf Kinder hatte) – aber er komponierte jüdische Themen im jüdischen Stil. und er hat sein Judentum nie verleugnet…

Man erfährt ebenso die Rolle, die die Pariser Salons für Offenbach spielten, wie über seine „Workaholic“-Arbeitswut, mit der er sich – als Theaterdirektor, Produzent, Komponist – seine einmalige Stellung in Paris erarbeitete. Kühn ist er, wie Heine, der aktuellen französischen Politik mit den gnadenlosen Mitteln der Satire begegnet, um später in die Antike-Travestien zu schlüpfen (die politisch ähnlich aussagestark waren).

Offenbach privat, die Frauen (neben der Gattin), die Künstlerinnen und Interpretinnen seiner Werke, die teils auch privat eine Rolle für ihn spielten, Offenbach und der Alkohol, der in seinen Werken eine so große Rolle spielt, Offenbach und die Tanzmusik, die bei ihm so wichtig ist (wobei er mit Walzern begonnen hat!), Offenbach als Kurgast in Ems (rauchend, trinkend, spielend – und arbeitend), Offenbach im Wirrwarr eines beruflichen und privaten Lebens, wobei uns der Autor zum Ausklang noch die endlose Geschichte von „Hoffmanns Erzählungen“ und seinen Fassungen durch die Nachwelt erleben lässt.

Das ist das Tüpfelchen auf dem „i“ der Offenbach-Kenntnis, und außerdem so vergnüglich zu lesen, wie es einem Bericht über den „Meister des Vergnügens“ zukommt.

Renate Wagner

 

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