Heidelberg: „NURIA RIAL – AVI AVITAL – VENICE BAROQUE ORCHESTRA“
Venezianische Lieder – 23.03.2019
Ein weiteres Highlight zum Fokus Neuland.Lied präsentierte das Management des “Heidelberger Frühlings 2019“ in der ehrwürdigen Jugendstil-Stadthalle. Ganz andere Töne waren heute allerdings zu vernehmen, der Konzertabend war einzig und allein Antonio Vivaldi dem großen italienischen Barock-Komponisten gewidmet.
Nuria Rial. Foto: Merce Rial
Als Gesangssolistin war die junge Sopranistin Nuria Rial mit venezianischen Canzonen zu hören. Völlig unglamourös, bescheiden, sympathisch interpretierte die spanische Künstlerin die liebenswürdig anmutenden Canzonen Si, la gondola avere, no crie – Cara la mia Ninetta – L´occasion delle mie pene charmant mit dem Schalk im Nacken, effektiv kontrastreich die kleinen Episoden um den verliebten Gärtner etc. Sehr überzeugend im glockenreinen Höhenton, sauberen Koloraturen zu lieblichem Timbre verlieh Rial ebenso den weiteren Canzonen In fin che´l tempo é belo – Semplicetta é la farfalla die prägenden Phrasierungen, die präzisen Rhythmen.
Mit einem Quäntchen Dramatik, sensuell mit delikatem Aplomb gestaltete Nuri Rial hinreißend die Arie Lo seguitai felice aus „Olimpiade“. Makellos, prächtig ausdifferenziert präsentierte sich der schlackenlose Sopran während der letzten beiden Canzonen Chi no ga la borsa grossa – Co´Checca, Betta e Catte. Der Zuspruch des Publikums war groß und ohne Zugabe durfte sich die Sympathieträgerin nicht verabschieden und sang wunderschön farbenreich eine anmutige Tanzweise.
Orchestral untermalt wurde die Sängerin vom Venice Baroque Orchestra eines der führenden Ensembles und Spezialisten in Sachen Alter Musik. Im Jahre 1997 gründete der bereits legendäre Andrea Marcon das vorzügliche Kammerorchester, ich hatte in jüngster Vergangenheit mehrmals das Vergnügen dem vortrefflichen Dirigenten und seinem elitären Klangkörper zu begegnen. In Heidelberg musizierten die hervorragenden Instrumentalisten allerdings ohne Leader und die taktische Führung übernahm der weitere Solist des Abends Avi Avital.
Avi Avital. Foto: Youtube
Als Ouvertüre erklang das „Konzert g-Moll für Streicher und Basso Continuo“ klar artikuliert in straffen Tempi von dem Dutzend hervorragend musizierender Solisten interpretiert.
In vier Abschnitten, jeweils von den Canzonen unterbrochen folgten im prächtigen Gesamtklang „Die vier Jahreszeiten“, bei welchen kontrastierend Avi Avital an der Mandoline den Part der Solovioline übernahm.
Atemberaubend in vitalem Schwung, spieltechnisch exzellent, in penibler Transparenz, brillant aufspielend gestaltete der temperamentvolle Solist den spannungsvollen Kontrast zum profiliert musizierenden Ensemble. Deutlich Oktaven tiefer vernahm man das Vogelgezwitscher der Mandoline, die begleitenden Streicher ließen die murmelnden Quellen des nahenden Frühlings akustisch unmittelbar erahnen. Lähmende Hitze bildete das Leitmotiv des Sommers, die kaleidoskopisch wechselnden Stimmungen wie das Rauschen des Hains, das nahende Unwetter wurden solistisch wie orchestral wunderbar opulent serviert.
Schnarrende Saiten, facettenreiche Impulse suggerierten den derben Erntedank im Herbst, beschwörend bravourös intoniert nahm man die Jagdszene gewahr. Klirrend vor Frost, in scharfgeschliffener Phrasierung, in wohlkalkulierter Dynamik entlud Avital sein virtuoses Können im Winter nochmals in versiert interpretatorischer Emphase. Glanzvoll in bewundernswerter Homogenität und Transparenz entfaltete sich das wunderschön aufspielende VBO in instrumentaler Pracht.
Das Publikum animiert bar so viel solistischen Elans und orchestraler Vielfalt dankte mit Bravostürmen und wurde mit einer „Mandolinenkonzert-Frequenz“ belohnt.
Gerhard Hoffmann