Carolyn Frank (scheidet aus dem HD-Ensemble mit dieser Produktion aus) als Kabanicha, Hye-Sung Na als Katja. (c) Sebastian Bühler
Heidelberg: Katja Kabanova 24.5. 2019 Premiere
Regisseurin Andrea Schwalbach verlegt die Geschichte von Leos Janaceks Katja Kabanova von der Wolga in die amerikanischen Südstaaten, wo die Oper in einer Sekten-Dorfgemeinschaft spielt. Von der kleinen Kirche, die zugleich Katjas Behausung ist, wo sie mit Mann und Schwiegermutter lebt, ist nur noch das Gerüst zu sehen, die hölzernen Verkleidungen liegen davor auf der Bühnenschräge, auf der sich das ganze Drama abspielt (Bühne: Anne Neuser). Die anderen Mitglieder der Dorfgemeinschaft sind folkloristisch gewandet teils mit bunten Hüten (Kost.: Frank Lichtenberg). In dieser bigotten Gemeinschaft triezt die reiche Kaufmannswitwe Kabanicha ihre Schwiegertochter Katja, und der in sie verliebte Boris wird von seinem Vormund, dem Kaufmann Dikoj, geschlagen. Dikoj und Kabanicha haben eine Beziehung, die sie in der Kirchenhütte leicht sado- masochistisch ausleben. AlsTichon auf Geschäftsreise geht, nützt Katja die Gelegenheit, sich mit Boris zu treffen und zu lieben, indem sie die Schwiegermutter überlistet. Ihr Mann Boris ist ein notorischer Trinker, und bei Schwalbach hat er auch eine eine zumindest homoerotische Beziehung mit Kuligin. Als nach seiner Rückkehr die Gemeinschaft sich in der Kirche trifft, bekennt Katja öffentlich ihren Ehebruch. Nachdem Boris von Dikoj nach Sibirien geschickt wird, begeht Katja keinen Selbstmord in der Wolga, sondern wird kollektiv in der Sektengemeinschaft getötet. Eine gewisse Atmosphäre hatte die Szene davor noch erhalten, als die Holzlatten der Kirche nun vom Bühnenboden herabhingen. Während die Mädchen auch in Hippiekleidern erschienen und die Liebesszenen etwas an Flowerpower erinnerten, tragen die Männer Boris und Kudriasch ausgemachte Probenklamotten resp.nackte Oberkörper..
Das Orchester unter dem jungen Elias Grandy begleitet ganz angemessen und schön in den Proportionen austariert. Dadurch wirkt alles sehr atmosphärisch, und die kompositorische Erfindungsgabe Janaceks wird bestens umgesetzt. Der kleine Chor kommt überwiegend aus dem Off, erscheint aber gut integriert.
Den Savjol Dikoj gibt Wilfried Staber mit seinem breiten wohlgeführten Dunkelbaß. Sein Neffe Boris singt Nenad Cica mit gut ansprechendem vibratoarmem Tenor, der auch aus dem Off gut vernehmbar ist. Marfa Kabanova singt KS Carolyn Frank, die prononciert tschechisch deklamiert und mit charakteristischer Stimmgebung ihren Part gestaltet. Ihr Mezzosopran kann sich noch gut hören lassen. Als Sohn Tichon agiert KS Winfrid Mikus sehr masochistisch und singt mit larmoyantem auch gut artikuliertem Tenor. Die Katja in der Gestalt Hye-Sung Na läßt ihren dunkelglänzend timbrierten Sopran besonders in der Liebesszene aufblühen und richtig schön aufleuchten. Namwon Huh agiert als Lehrer eher lässig und kann seinen Tenor in der Liebe zur hübschen Varvara (Shavar Lavi) aus der stimmlichen Enge hinausjubeln. Lavi bringt dagegen einen schlankgeführten Mezzo zu bester Geltung. In den Nebenrolle komplettieren Miroslav Stricovic (Kuligin), Elena Tobisch (Glasa), Jana Krauße (Feklusa) und Adrian Mechler (Vorbeigehender) das Ensemble.
Friedeon Rosén