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HEIDELBERG: DIE FLEDERMAUS

08.04.2013 | KRITIKEN, Oper

Theater HEIDELBERG: DIE FLEDERMAUS am 7.4.2013


Winfried Mikus, Irina Simmes. Foto: Florian Merdes

Diese “Fledermaus“/J.Strauss (Regie: Antoine Uitdehaag) wirkt wie ein Ball der Haute Couture, ein modisch designeter Punk-Ball, und in seiner Gender-Aufmischung wirkt er auch schrill wie die Rocky horror picture show.

Dabei hatte es ganz anders begonnen. Die Wohnung von Ehepaar Eisenstein stellt ein Guckkasten auf der sonst aseptischen Bühne des Maguerre-Saals (Peter Schenk) dar, ein Jugendstilzimmer voll mit den gelben Farberuptionen Gustav Klimts. Adele in kurzem schwarzen Zofen-Dress bügelt darin und hält die Reizwäsche zusammen. Alfred taucht dahinter mit Leiter zum Fensterln auf. Rosalinde ist in transparenter Bluse und schwarzen Pluderhosen von Anfang an die Femme fatale der 20er Jahre (die phantastischen Kostüme alle von Erika Landertinger, die jetzt ihre zeichnerischen Entwürfe in Heidelberg auch ausstellt).

 Der 2.Akt chez Orlofsky ist nur mit ein paar variablen Türwänden bestückt, die sich öffnend schon mal Einblick ins laszive Treiben bei dem russischen Prinzen gewähren. Dieser wird von Carolyn Frank mit Glatzen- und nacktem Oberkörper-Toupe auch sehr lasziv dargestellt und klar mit wenig Vibrato intensiv gesungen. Während Gabriel seinen Fracklook behalten darf, ist Dr. Falke wie Frank’n’furter aus der Rocky horror show mit Strapsen und spitzen Ringelbrüsten drapiert. Adele kommt auch etwas schockierend mit Haarturm-Toupee und langen Zöpfen daher. Ihre Herrin wirkt mit roten Strümpfen, Ledermini und roter Sonenbrille wie ein Modepüppchen. Alle Männer des Chores sind als Damen verkleidet und umgekehrt, die Manner sitzen bei den Männerfrauen an der Tafel auf dem Schoß.

Im 3.Akt sind zwei Dinge bemerkenswert. Einmal wird wenig improvisiert und gar keine aktuelle/politische Satire eingebaut, so daß es gefühlt ganz schnell zu Ende geht. .Auf der anderen Seite ist die Idee der Türreihe, hinter denen sich Gefängniszellen, Schreibtisch oder Utensilien verbergen, ein genialer Einfall. Es ergeben sich wieder tolle Einblicke.

 Dietger Holm und sein Orchester zeigen von Beginn an, daß es gilt, auch musikalisch keine Kompromisse zu machen. Es wird gespielt, was das Zeug hält und daß kein Auge trocken bleibt. Im Lauf der Aufführung werden die strengen Tempi aber nicht immer durchgehalten, und beim schön gesungenen „Dui- du“ des Chores schon mal ein Gang zurückgeschaltet.

 Der Frosch Olaf Weißenberg tut das Nötigste. Dr. Blind und Ida sind aus dem Chor rollendeckend besetzt. Den Frank gibt Wilfried Staber mit großartiger Gender-Pose. Alfred ist Angus Wood und trifft, gerade von einer Grippe genesen, alle Töne, kann also hinter Gefängnismauern noch nicht von Monteverdi bis Henze improvisieren. Adele Diana Tomsche ist darstellerisch ein leckerer Zugewinn, stimmlich bei den Koloraturen etwas unflexibel und matt. Eisenstein Winfried Mikus ist sehr agil und kann sich auf seine Musikalität verlassen. Ganz im Zentrum steht Irina Simmes als Rosalinde.

Mit ihrem apart gefärbten Stimmstrahl kann sie auch in die tieferen Regionen der der Magyarengräfin vordringen und ist sonst die gewünschte aggressive Kratzbürste.

Friedeon Rosén

 

 

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