Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

HANNOVER: EUGEN ONEGIN

05.05.2013 | KRITIKEN, Oper

Hannover: Tschaikowsky, Eugen Onegin am 4.5.2013

 Hannovers neuer Eugen Onegin, um es vorweg zu sagen, ist vor allem ein Orchesterfest.

INGO KERKHOF inszeniert den Stoff unaufdringlich und leider etwas unterkühlt. Die Figuren begegnen sich nicht nur im den realen Szenen, die Angebeteten und Ersehnten erscheinen auch als lebende Personen in den großen Einzelszenen. So verliert die Briefszene allerdings an Spannkraft und auch die kommende Erklärung Onegins wird überflüssig, da er seine arrogante Ablehnung längst preisgegeben hat. Auch bei Lenskis Abschied schaukelt Olga harmlos in einer plakativ überprominenten Hollywoodschaukel. Bei Gremins gibt es einen dekadenten Ball, wo sich lasziv gelangweilte Choristen weit auffälliger benehmen wie der kaum verändert blasierte Protagonist. Aber die Regie erzählt die Geschichte geradlinig und konzentriert. Die sehr karge Bühne ( ANNE NEUSER) und die proletarisch zeitgenössischen Kostüme ( STEPHAN VON WEDEL) bieten wenig nostalgisch Träumendes.

 

Gesungen wird solide. Für AlEXEY BOGDANCHIKOVs sehr edlen lyrischen Bariton kommt die Titelrolle noch etwas zu früh. Sowohl stimmlich, vor allem aber emotional bleibt sein Onegin viele Seelen Um- und Aufschwünge schuldig. Gut gelingt ihm der junge Steifling zu Beginn. BRIGITTE HAHN fühlt sich allmählich in die Tatjana. Ihrem Sopran mangelt es an Fokussierung, auch darstellerisch ist sie eher introvertiert. Dennoch gelingt es ihr, durch ehrliche Schlichtheit der Figur Authentizität zu geben.

Die Krone sängerisch gebührt PHILIPP HEO als Lenski. Sein strahlender Tenor schwingt sich mühelos und sehr musikalisch auf, sodass seine Szenen auch zu den Höhepunkten der Aufführung werden. Von den übrigen Frauenstimmen hat KHATUNA MIKABERIDZE die einnehmendste als noch junge Mutter Larina.

JULIE-MARIE SUNDAL gibt eine eher herbe Olga während SUSANNE SOMMERs Filipjewna vordergründig klingt. Mit großer aber ungelenker Stimme stemmt PER BACH NISSEN die Arie des Gremin. TIVADAR KISS steuert einen charmanten Triquet bei.

Bei den kleinen Rollen lässt TADEUSZ SLOWIAK als belkantesker Vorsänger aufhorchen.

 Das Ereignis spielt sich an diesem Opernabend in Hannover aber im Orchestergraben ab. Die Feinabstimmung der Holzbläser, die schlanke Kraft des Blechs und die süffige Kantilene sowie die rhythmische Struktur des Streichorchesters gelingen bei dies diffizilem Werk selten so homogen.

Zu verdanken ist das auch dem überlegenen Dirigat von IVAN REPUSIC. Meisterhaft lässt er das Orchester los und nimmt es wieder beherzt und federnd an die Zügel, gibt den Sängern Raum und bleibt dennoch im großen Fluss.

 Dadurch gelingt eine absolut hörenswerte Aufführung, die auch von Publikum lautstark akklamiert wird.

 Damian Kern

 

 

 

Diese Seite drucken