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GYÖR: 9. UNGARISCHES TANZFESTIVAL „TANZE UND LÄCHLE !“

Györ: 9. Ungarisches Tanzfestival: tanze und lächle!


Fotocredit: Kodály. Photo: Béla Kanyó

Von 17. – 23. Juni steht die nordwestungarische Stadt Györ wieder ganz im Zeichen des Tanzes: sieben Tage lang wird nicht nur im Nationaltheater (große Bühne bzw. kleine Bühne im Dachgeschoß) sondern auch auf öffentlichen Plätzen und im Museum getanzt: klassisches Ballett, Volkstanz, Hip Hop, Streetdance, Gesellschaftstanz und vieles mehr; dargeboten von professionellen Tänzern wie Amateuren. Eingeladen sind wieder alle bedeutenden Ensembles des Landes wie u.a. das Ungarische Nationalballett, die Ungarische Ballettakademie, Pécsi Ballet, Hungarian State Folk Ensemble, Duna Art Ensemble, Contemporary Ballet of Szeged sowie als Gäste zur Ballettgala am Mittwoch Turkish State Opera and Ballet, State Ballet and Opera Theatre of Nizhny Novgorod sowie das Slovak National Ballet. Erstmals ist auch eine Aufführung mit den Tänzern von Operetten- und Musicaltheatern vorgesehen (18.6.). Die offiziellen Eröffnungsworte am ersten Abend sprachen János Kiss (Ballettchef Györi Ballet und Direktor des Ungarischen Tanzfestivals), Péter Forgács (Direktor des National Theaters Győr und Co-Organisator des Tanzfestival) sowie Dr. Tivadar Somogyi, Vizebürgermeister von Györ. Das diesjährige Motto heißt „Tanze und lächle“ und hat mit Fanny Holzleiter eine ambitionierte Festivalbotschafterin, die mit ihrer Botschaft sofort den Weg in die Herzen der Zuschauer gefunden hat. Die junge Frau, die im Rollstuhl sitzt, sprach von der Herausforderung, persönliche Grenzen zu überwinden und wie wichtig dabei das Lächeln im Leben sei.

Auf dem Programm standen an diesem ersten Festivalabend unter dem Überbegriff „Breakthrough“ zwei einaktige Werke. Zunächst die Uraufführung von „Kodaly“ zu Musik des bedeutenden ungarischen Komponisten und Musikpädagogen: Choreograf László Velekei, ehemaliger Tänzer des Györi Balett und dort nun Probenleiter, verstand es, mit viel Feingefühl die verschiedenen verwendeten Musikstücke von Zoltán Kodaly zu einem harmonischen Ganzen zusammen zu fügen und Tänzerinnen wie Tänzer im stimmigen Miteinander zu verbinden. Es geht hier Erfahrungen und Gefühle und um deren Austausch sowie der Bedeutung, das innerhalb einer Gemeinschaft zu erleben – egal ob diese Emotionen oder Erkenntnisse positiv oder negativ sind. Mädchen in zarten weißen kurzen Spitzenkleidchen kontrastieren mit den virilen Burschen in schwarzen langen Hosen und Hemden (Kostüme: Orsolya Baracsi). Eine rote Rampe ähnlich wie für Skateboarder beherrscht das Bühnenzentrum (Bühnensetting: Tibor Vidos; Licht: Attila Szabó), das Hinaufklettern und Hinabgleiten sind Teil der tänzerischen Elemente und fügen sich angenehm in den fließend ruhigen Bewegungsstil des jungen Choreografen – ästhetisch, gymnastisch und dennoch von einer inneren Eleganz, verwoben mit interessanten Hebungen und Formationen sowie deren Auflösungen passt dieses neue Werk ausgezeichnet zur Compagnie von Györ: sich selbst eine eigenständige Identität geben, dabei immer die Freude am Tanz und an der Bewegung (mit einem Lächeln) zeigen: Judit Szalai, Adrienn Matuza, Alexandra Hancz, Diána Gyurmánczi, Barbara Tüű, Georgina Szendrei, Emese Szalai, Melinda Berzéki, Zoltán Jekli, Artem Pozdeev, Balázs Pátkai, Daichi Uematsu, Bálint Sebestyén, Tamás Szanyi, Aleksey Dolbilov, Kada Horváth und Attila Kiss gefielen mit ihrer Darbietung sehr. Tosender Applaus!

In der Pause wurde eine Bilderausstellung zu „The Art of Movement 100+“ eröffnet – mit zwei kurzen live-Tanzauftritten zur Symbolisierung der ungarischen Tanzgeschichte aus dem frühen 20. Jahrhundert – Ausdruckstanz inspiriert durch Isadora Duncan und Mary Wigman.

Im zweiten Teil dann thematisch ein ganz anders geartetes Werk. Choreograf Leo Mujić entführt mit „Glasshouse“ zu Kompositionen von Vitali, Glass und Schubert in die Tiefen der Seele. Eine junge Frau auf der Suche nach Anerkennung der Gesellschaft steht vor der Entscheidung, sich anzupassen und womöglich dabei zu zerspringen wie splitterndes Glas oder den eigenen Weg zu suchen, denn: jeder wird, was er sich wählt. So führt ihr Weg vom Ballsaal in Sturm und Donnergrollen und weiter sogar in die winterliche (Gefühls-Kälte mit Schneefall. Das wesentlich verjüngte Ensemble bietet hier eine starke und sehr kompakte, verausgabende Leistung, herausstechend Diána Gyurmánczi als Frau im Mittelpunkt ihres inneren Entscheidungskampfes. Viele Effekte unterstreichen den Tanz, der vom klassischen Ballett ausgehend (Spitzentanz in der ersten Sequenz) bis zu zuckenden, krampfartigen Bewegungen mit sehr sportiven Elementen reicht.

Nach diesem erfolgreichen Einstiegsabend ging es auf dem Platz vor dem Nationaltheater mit der Filmpräsentation „Smile to the world“ weiter: 55 Filmmacher aus 31 Ländern von Austria bis New Zealand hatten lächelnde Menschen zu einer Collage zusammengefügt und mit Fanny als Patronin auch des Films mit ihrem strahlenden Lächeln ein sichtbares lebendiges Zeichen für die Welt gesetzt. Danach wurde noch bis spät in die heiße Sommernacht gefeiert.

Ira Werbowsky

PS: Am 23.9. gastiert das Györi Balett mit dieser Produktion im Budapester Palast der Künste.

 

 

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