Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

GUSTAV MAHLER: 9. Symphonie

13.03.2017 | cd, CD/DVD/BUCH/Apps

4035719001518

GUSTAV MAHLER:
9. Symphonie
Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks

BR Klassik CD

Mariss Jansons als umsichtiger Deuter einer musikalischen Prophezeiung

„Das entsetzliche Stimmgewirr der Jetztzeit“ war eine der Eigensichten Mahlers über seine neunte Symphonie. In dem nach wie vor von Anlage, Fragmentierung und Parallel-Mikrokosmen her hochmodernen Werk geht es weniger um Abschied, als um die Erkenntnis der Vergeblichkeit menschlichen Strebens. Wie später bei den Existenzialisten birgt der Zweifel an Transzendenz aber auch eine klammheimliche Lust, das Leben in Momenten zu feiern, in andern darf auch melancholisch verzagt oder wütend mit der Einsicht gehadert werden. Natürlich gibt es autobiographische Schlüssel zum Verständnis. Die Bedingtheiten der damaligen Welt, die der heutigen in vielem so ähnelt, die Unübersichtlichkeit des Jetzt, werden ebenso zu in Form gegossener Klanglandschaft. Mariss Jansons geht folgerichtig primär vom Absoluten dieser Musiken aus, setzt sie in einen strukturierten Rahmen und lässt die Seelenasche in dunkler Sonne blitzen, mächtige Ruinen, aus deren Hitze sich ein müder Phönix erhebt. Wie Wetterleuchten des Lebens taumeln die Motive, Polyphones und verzerrte Ländler, „Variationen, Verdichtungen, Steigerungen und Krisen“.

Das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks füllt das pittoreske symphonische Gemälde mit einer unendlich differenzierten Farbpallette, fein im Strich, mutig im Kontrast und irisierend in der Abmischung. In den über 80 Minuten Spielzeit nehmen die vorzüglichen Musikerinnen und Musiker die „Sprachanweisungen“ des wissenden Dirigenten minutiös auf und wandeln sie in ein Bekenntnis zur conditio humana. Berührend, intim und dennoch universell ist diese Interpretation, mit der Jansons und seine Bayerische Edel-Phalanx wohl endgültig im Mahler Olymp angekommen sind.

Die Symphonien Nr. 1 und 7 sind in dieser Reihe ebenfalls erhältlich.

Dr. Ingobert Waltenberger

 

Diese Seite drucken