Günter Neuwirth
SÜDBAHN NACH TRIEST
(Inspector Bruno Zabini 4)
384 Seiten, Gmeiner-Verlag; 2024
Als der Zug noch direkt nach Triest fuhr…
Inspektor Bruno Zabini ist für die Leser der „Triest“-Krimis von Autor Günter Neuwirth nun schon ein sehr guter Bekannter – vor allem einer, dem man gerne begegnet, weil er so klug ist und immer mit interessanten Kriminalfällen konfrontiert wird,. Zudem bekommt man gewissermaßen den letzten Glanz der Kaiserzeit geliefert, auch in dem nun vierten Roman mit ihm als Helden, denn „Südbahn nach Triest“ spielt im Jahr 1908, als die Katastrophe noch nicht unmittelbar bevorstand.
Ja, die Südbahn: Heute kann niemand mehr ohne Umsteigen mit dem Zug direkt nach Triest fahren. Zu Kaisers Zeiten war das anders, da stieg man in Triest ein und in Wien aus (bzw. umgekehrt) – es galt die wichtige schöne Hafenstadt mit der Kaiserstadt zu verbinden. In diesem Krimi, der faktisch in drei Stationen abläuft, besucht Bruno im ersten Teil zum ersten Mal Wien. Und weil er es an der Seite seiner reichen Geliebten tut, kann er sogar mit ihr im Sacher wohnen und die Stadt genießen.
Aber es wäre kein Zabini-Krimi, wenn nicht bald ein Mord geschähe – Henriette Hohenau, eine sehr reiche alte Dame, wird brutal ermordet. Sie hatte zur Verkündigung ihres Testaments ihre Triestiner Verwandtschaft nach Wien beordert. Und weil hier offenbar starke Bezüge bestehen, bittet der zuständige Wiener Inspektor Conrad Speyer Bruno um Hilfe.
Also spielt der zweite Teil des Romans in der Südbahn, wo Bruno inkognito die gesammelten Verdächtigen vor sich hat – die drei Großneffen der Toten (einer von ihnen ist Fregattenkapitän in Pula), aber auch ihre jüngere Schwester, ihren Kammerdiener und ihre Kammerzofe. Sie alle sind im Zug, und die Fahrt ist damals so elegant wie bei Agatha Christie (Bruno ist in der Ersten Klasse mit dabei), die Verdächtigen sind gewissermaßen auf einem Fleck eingesperrt und lassen sich gut beobachten … und dennoch gibt es bei der Ankunft in Triest eine weitere Leiche.
Der dritte Teil des Krimis, der sich so angenehm spannend liest wie die vorhergegangenen (ohne die Hektik moderner Romane), spielt dann im vertrauten Triest, wo die allgemeine Jagd nach den Preziosen der Toten beginnt, wo also ein zusätzliches Vermögen vorhanden ist, für das so mancher einen Mord begehen würde…
Bruno kann dann mit dem damals modernsten Ermittlungsmaterial (wie Fingerabdrücken) den Täter ermitteln und auch noch einer jungen Frau, die gewissenlos ausgebeutet wurde, die Reise von Triest nach Amerika ermöglichen. Und man hat sich in seiner Gesellschaft wieder sehr wohl gefühlt. Weil Spannung, Nostalgie und Milieuschilderung so schön ineinander greifen.
Renate Wagner