Semi-Oper in Graz: „King Arthur“ von Henry Purcell (Vorstellung: 20. 1. 2015)
Ankündigungsplakat. Foto: Johannes Geller
Vor wenigen Tagen kam es in Graz zur ersten Premiere im neurenovierten Theater im Palais: „King Arthur“ von Henry Purcell. Diese nur selten aufgeführte Semi-Oper in einem Prolog, fünf Akten und einem Epilog mit dem Originaltitel King Arthur or The British Worthy wurde 1691 in London uraufgeführt. Das Libretto stammt von John Dryden, der als Dichter, Übersetzer und Kritiker großen Einfluss auf die englische Literatur hatte. Er bearbeitete seinen fünf Jahre alten Text extra für Purcell, um die Identifikation von König Arthur und Wilhelm II. zu ermöglichen. King Arthur gehörte zu den großen Erfolgen des englischen Theaters und wurde noch im 18. und 19. Jahrhundert oftmals aufgeführt.
Da diese Oper Schauspiel, barocke Zauberoper und Ballett vereinigt, war sie eine ideale Wahl für die Grazer Universität für Musik und darstellende Kunst, etwa 50 Studierenden verschiedenster Studienrichtungen Gelegenheit zu bieten, ihre Begabung und ihr Können unter Beweis zu stellen.
Gefechtsszene zwischen Sachsen und Briten. Foto: Johannes Geller
Die Handlung der Oper, die in Britannien in sagenhaftem Mittelalter spielt: Der britische König Arthur, der unter dem Schutz des Zauberers Merlin steht, wird vom Sachsenkönig Oswald bedroht, dem der Zauberer Osmond, der Geist Grimbald und der Luftgeist Philidel zur Seite stehen. Zwischen den beiden Königen entbrennt ein heftiger Kampf um Emmeline, der blinden Tochter des Herzogs von Cornwall. Die Sachsen werden geschlagen und fliehen. – Nachdem der Luftgeist Philidel zu Arthur gewechselt war, versucht Grimbald, als Hirte verkleidet, den englischen König und seine Soldaten in ein Moor zu führen, doch erscheint rechtzeitig Philidel als Retter. – Grimbald verkleidet sich als Frau und entführt Emmeline, doch scheitert König Oswald, ihre Gunst zu erringen. Mit Hilfe eines Balsams von Philidel erringt Emmeline wieder ihre Sehkraft. – Der Zauberer Osmond versucht die Briten in einem Wald zu vernichten, doch selbst in Gestalt Emmelines vermag er Arthur nicht zu überwältigen. – König Arthur bezwingt im Zweikampf Oswald, schenkt ihm aber das Leben. Merlin verkündet den Frieden, Emmeline kehrt zu Arthur zurück.
Regisseur Axel Richter gelang eine humorvolle Inszenierung dieser Semi-Oper mit vielen Gags und Anspielungen, wie beispielsweise an die amerikanischen Gefangenen in Guantanamo, überfrachtete damit allerdings das Stück. Nett die Idee, in einer Szene die Studierenden ihre Herkunft schildern zu lassen.
Für das schlichte Bühnenbild, das mit wenigen Requisiten auskam, und die teils der heutigen Zeit entsprechenden, teils barockhaften Kostüme zeichnete Julius Theodor Semmelmann verantwortlich, der 2013 das Bayreuth-Stipendium des Richard Wagner-Verbandes Wien erhielt. Wie dem Programmheft zu entnehmen war, drängte der Bühnenbildner „auf eine starke Ausformung einer allmählich alle Grenzen des guten Geschmacks ausreizenden, sogar bis ins Hässliche sich katapultierende Barockästhetik, die sich am Schluss in das ästhetische Schöne wandeln soll“. Dieser Gegensatz kam gut zur Geltung, wobei allerdings der Regisseur auf einige „Geschmacksverirrungen“ hätte besser verzichten sollen (wie beispielsweise das Kiffen des Sachsen Oswald, das häufige Spielen mit einem Revolver und der oftmalige Einsatz von Handys).
Aus der großen Gruppe der Schauspieler konnte Gregor Kohlhofer in der Titelrolle als King Arthur am besten überzeugen, obwohl auch er in manchen Szenen leider ins Schreien verfiel und dadurch die Verständlichkeit stark litt. Seinen Gegenspieler Oswald spielte Christoph Steiner recht ausdrucksstark, ebenso Lukas Gander den Zauberer Merlin, obwohl er anfangs zu stark outrierte.
Julia Richter, die reizende Darstellerin der blinden Emmeline, ließ sich zu Beginn der Vorstellung als stark erkältet ansagen und trug deshalb ein Wangenmikrophon. Positiv daran war, dass sie ihre Stimme schonte und nie ins Schreien verfiel. Leider blieb sie schauspielerisch ein wenig blass. Deren Vertraute Mathilda wurde von Magdalena Wabitsch als unglücklich wirkende Schwangere gespielt. Von der Schauspielgruppe wären noch Marion Lerchenberger als Arthurs Freund Aurelius und Saladin Dellers als Zauberer Osmond zu nennen.
Die beiden Sprechrollen mit Gesang waren mit Shana Brandl als Luftgeist Philidel und Virginia Hartmann als Erdgeist Grimbald trefflich besetzt, die ihre Rollen mit urkomischem Spiel auszustatten vermochten.
Aus dem internationalen Sängerensemble ragte die österreichische Sopranistin Elisabeth Wieland heraus. Sie stellte wie die meisten ihrer Kollegen drei Rollen dar (Venus, Sirene 2 und Nymphe 1), wobei sie besonders als Göttin der Liebe mit ihrer klaren und höhensicheren Stimme brilliere. Ein Talent für die Zukunft! Beeindruckend auch die kroatische Sopranistin Kristinka Antolković als Cupido, Nymphe und vor allem am Schluss in der Rolle der Ehre.
Ausdrucksstark als Gott der Winde der aus Bosnien und Herzegowina stammende Bass Neven Crnic, der sogar insgesamt vier Rollen zu spielen hatte. Als Nymphe und Sirene 1 konnte die junge Kärntner Sopranistin Katrin Julia Riegler ihr komisches Talent beweisen, bezaubernd auch die ungarische Sängerin Flóra Lili Zalatnay als dritte Nymphe.
Zu dem guten Gesamteindruck des Sängerensembles trugen in kleineren Rollen auch noch bei: Paulus Fina, Miljan Krunic, Corina Maria Koller, Klaudia Tandl, Christian Wester und die Lettin Helèna Sorokina, die sich bereits als Chordirigentin einen Namen machte.
„Purcells Musik gelingt es. den überbordenden Patriotismus und Kampfgeist des Stückes ironisch zu brechen“, schreibt der Reclam-Opernführer. Dem stattlichen, mehr als 20köpfigen Barockorchester der Kunstuniversität Graz (KUG) gelang unter der Leitung von Susanne Scholz (Barockvioline) und Michael Hell (Cembalo) eine exzellente Wiedergabe dieser reizvollen Partitur des englischen Komponisten, der von 1659 bis 1695 lebte und als „Orpheus Britannicus“ bezeichnet wurde, gilt er doch als Begründer der englischen Fest- und Huldigungskomposition. Erfreulich anzusehen war, mit welcher Begeisterung und Lust einzelne Musikerinnen des Orchesters ihre Instrumente spielten!
Das Publikum, das sich nach dem abschließenden Jubelgesang der dreistündigen Vorstellung noch einem Grand Dance aller Mitwirkenden im Foyer des Theaters erfreuen konnte, zollte dem gesamten Ensemble der Studierenden minutenlang verdienten Beifall.
Udo Pacolt