Gerald Krieghofer
DIE BESTEN FALSCHESTEN ZITATE ALLER ZEITEN
Was Einstein, Freud und Pippi Langstrumpf so niemals gesagt haben
176 Seiten, Molden Verlag in Verlagsgruppe Styria, 2023 

Wer immer „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ gesagt hat, ob Frau, Mann, Trans, Divers oder Anderes, war klug. Vielleicht stammt die Formulierung auch von Lenin, wie immer wieder behauptet wird. Der Spruch ist jedenfalls nützlich, weil er so wahr ist, bzw. weil er, wie Autor  Gerald Krieghofer formuliert, eine Erkenntnis in eine „geschliffene Sentenz verdichtet“,

Darum braucht man Zitate als griffige Leuchtfeuer für Reden aller Art und man stellt sich damit als enorm gebildet dar, auch wenn man nur rasch einen Spruch ergoogelt hat – dort gibt es Zitate im Dutzend billiger.

Aber stammen sie immer von den Leuten, denen man sie zuschreibt? Das ist die Frage, die Gerald Krieghofer stellt. Er ist seines Zeichens Philosoph, Literaturwissenschaftler und Karl-Kraus-Experte sowie, ganz zeitgemäß: Blogger. Spezialität: Sprichworte. Er macht seinen Lesern nun zwischen Buchdeckeln erst klar, was Parömiologie überhaupt bedeutet (die Erforschung der Sprichwörter-Welt nämlich). Und bei ernsthafter Beschäftigung stößt man auf jede Menge von „Kuckuckszitaten“, von denen er nun eine Menge entlarvt.

Und dabei wird tiefer geschürft, als der Durchschnittsmensch sich vorstellen kann, der nie auch nur die Zeit hätte, sich damit zu beschäftigen. Aus einem mittlerweile riesigen Reservoir an Erfahrung schöpfend, weiß er, wo die Fehler liegen –  „Die meisten falschen Zitate entstehen aus einer Mischung aus Wunschdenken, Irrtum, Gedächtnistäuschung und Schlamperei.“ Und dafür liefert er nun prominente Beispiele von Goethe bis Marilyn Monroe, Freud bis Goebbels, Brecht bis Gandhi, was tatsächlich den Charakter kleiner kulturgeschichtlicher Essays annimmt.

„Lass dich nicht unterkriegen; sei frech, wild und wunderbar“  – das klingt doch wirklich nach Pippi Langstrumpf, der so herrlich aufmüpfigen Heldin von Astrid Lindgren, der der Autor zugesteht, zum „literarischen Weltkulturerbe“ zu zählen. Aber dieses Zitat, das zu den beliebtesten Pippi-Sprüchen zählt, ist weder im schwedischen Original noch in einer Übersetzungssprache zu finden. Vielmehr hat die Autorin eines Frauen-Ratgeber-Buchs es flott erfunden – und seither wurde es Tausende Male zitiert. Was allerdings nur dafür spricht, dass es von Pippi bzw. Astrid Lindgren sein könnte… Der Autor aber spürt dem Motto „Lebe gefährlich“ noch weiter nach und findet dazu auch Beispiele bei Schnitzler oder Nietzsche… In Paraphrasen ist der Ratschlag, ja nicht brav zu sein, in x Variationen zu finden.

Ähnlich erfolgreich forscht der Autor, der begeisternd viel Wissen zusammen trägt,  anderen Sprüchen nach, die oft erst nach vielen Metamorphosen bei einem Autor kleben blieben, auch wenn dieser solche Weisheit so nie gesagt (möglicherweise aber gemeint?) hat. Andererseits gibt es auch „echte“ Sprüche. „„Ich würde meine gesamte Technologie gegen einen Nachmittag bei Sokrates eintauschen.“ Hätte man das Steve Jobs zugetraut? Eigentlich ja.

Das kleinformatige Büchlein ist als Geschenk bestens geeignet. Erstens zur ebenso amüsanten wie letztlich anspruchsvollen Information. Und zweitens zum Nachschlagen – ob sich nicht doch ein passendes Zitat findet…

Renate Wagner