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GEORG PHILIPP TELEMANN zum 250. Todestag des Komponisten

12.05.2017 | cd, CD/DVD/BUCH/Apps

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GEORG PHILIPP TELEMANN:
CONCERTI PER MOLTI STROMENTI;
harmonia mundi –

J. S. Bach/Telemann:
EFFERVESCENCE CONCERTANTE;
evidence CD

Herausragende Neuaufnahmen zum 250. Todestag des Komponisten (25. Juni 2017)

Telemann hat in seinem umfangreichen Schaffen, dessen Erforschung noch lange nicht abgeschlossen ist, alle musikalischen Gattungen mit einbezogen. Besonders farben- und harmonisch abwechslungsreich sind seine Konzerte für mehrere Instrumente. Zwei Neuerscheinungen belegen den hohen Rang Telemanns als Meister dieser speziellen Konzertart, die gleich mehrere Instrumente in einen spannenden dialogisierenden Wettstreit mit einem barocken Orchester treten lässt.

Besonders anregend gelingt die Auseinandersetzung mit Telemanns Klangwelten durch die direkte Einbeziehung zweier Werke Johann Sebastian Bachs, und zwar dessen Konzerte in d-Moll für Oboe und Violine, Streicher und Basso continuo BWV 1060a sowie in F-Dur BWV 1057 für Cembalo, zwei Blockflöten, Streicher und Basso continuo in der Aufnahme des französischen Ensembles Amarillis mit Héloise Gaillard und Violaine Cochard an der künstlerischen Spitze. Der Autor des Booklets im zweiten neuen Album der Akademie für Alte Musik Berlin, Peter Huth, meint dazu ganz trefflich: „Der Reichtum, den wir an Bachs Brandenburgischen Konzerten bewundern, ihr Changieren zwischen dem durch Ritornelle gegliederten Virtuosenkonzert, der kontrapunktisch raffiniert gewebten, stimmenreichen Kammermusik und den Charakteren des französischen Tanzes ist verwandt mit dem hier zu hörenden, fast unerschöpflichen Telemannschen Konzertieren, wenn nicht gar sein qualifiziertes Echo.“

Exakt diesen Eindruck gewinnt der Hörer, der nach den bekannt genialen Bachschen Entwürfen Telemanns Konzert für Oboe, Violine, zwei Querflöten und Basso continuo TWV 54: B1, sowie dem Konzert für Blockflöte, Querflöte, Streicher und Basso continuo TWV 52: e1 lauscht. Die mit Effervescence (Sprudeln, überschäumendes Temperament) lautmalerisch präzise betitelte CD hat den Trumpf einer voller Elastizität und schwingender Leichtigkeit überbordenden Spiellust. Dadurch erhalten besonders die grenzgängerischen, voller Neugier barocke Gefilde durchschreitenden Werke beider deutscher Meister, die sich gerne über alle etablierten Regeln hinwegsetzten, einen ganz besonders improvisierenden Touch. Wie gekonnt und experimentierfreudig haben beide Komponisten die Harmonie der Timbres von Blas- und Streichinstrumenten erforscht, und die Reize von bis dahin noch nie in einen direkten Wettbewerb gestellten Instrumenten (z.B.: Block- und Querflöte) ausgelotet.

Das neue Album der Akademie für Alte Musik Berlin stellt sechs Konzerte, die Sonata TWV 44: 32 und das Adagio aus dem Konzert TWV 43: G5 des Jubilars vor. In diesen Konzerten für mehrere Instrumente werden so vielfältige, wie reizvolle Zusammenstellungen erprobt: Trompete, Pauke, Oboe; Flöten und Calchedon/Galizona (spezifische Langhalslaute); Oboen und Violinen; Violine, Viola und Cello; Mandoline, diatonisches Hackbrett und Harfe; oder auch Hörner und Violinen. Der Hörer taucht in ein Universum barocker Sinnenlust und instrumentaler Raffinesse. Die Akademie für Alte Musik Berlin setzt im Kontrast zu den geschmeidiger phrasierenden französischen Kollegen auf einen geschärften Bogenstrich, ein maximal transparentes Miteinander und rhythmische Akkuratesse. Der solistische Stellenwert der konzertierenden Partner scheint größer, die bisweilen schroffe Modernität und der Mut zu Dissonanzen ausgeprägter. Keine der beiden Alben ist besser als das andere, beide beleuchten bei höchst unterschiedlichen Interpretationsansätzen das Genie Telemanns im selben Genre. Großartig!

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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