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Georg Markus: MENSCHEN IM HOTEL

12.11.2016 | buch, CD/DVD/BUCH/Apps

BuchCover   Markus  Menschen im Hotel

Georg Markus:
HINTER VERSCHLOSSENEN TÜREN
MENSCHEN IM HOTEL
304 Seiten,
Amalthea Verlag, 2016

Georg Markus ist nicht zuletzt ein Meister darin, immer wieder Geschichten zu finden, die man einem interessierten Publikum erzählen kann. Und weil sie so schön „portioniert“ sind, ergeben sie die idealen Nachtkastl-Bücher – Lektüre, die unterhaltsam ist, bei der man aber auch etwas lernt. Und wer hätte gedacht, dass „Menschen im Hotel“ so ergiebig ist? Um Vicki Baum nicht in die Quere zu kommen, ist das allerdings nur der Untertitel von „Hinter verschlossenen Türen“. Und da erfährt man einiges Neue.

Natürlich auch Altes, um die Wahrheit zu sagen. Dass Kaiserin Elisabeth (und auch Uwe Barschel) im Genfer Beau-Rivage verstorben sind, sie eindeutig nach einem Attentat, er unter zweideutigen Umständen; dass Oberst Redl im Hotel Klomser in der Herrengasse den befohlenen Selbstmord vollzog (womit sich der Generalstab ebenso viel erspart hat wie er sich selbst); wie das mit der Anna Sacher und ihrem Hotel so war; und auch, dass Queen Elizabeth dabei überrascht wurde, dass sie im Imperial eigenhändig ihre „Leibwäsche“ (wie man nobel statt „the knickers of the Queen“ sagt) gewaschen hat… ja, schon da gewesen bei Markus.

Aber das sind Kleinigkeiten gegenüber den zahlreichen Informationen, die man neu serviert bekommt. Bleiben wir in Wien – Mord im Hotel (Graf Stürgkh im legendären Meißl & Schadn, das es nicht mehr gibt), heimliche Rendezvous (Kronprinz Rudolf und Mary Vetsera im Grand Hotel), Juwelenraub (Bristol), Hitler als der Gast, den man lieber vergisst (Imperial), und an das nicht mehr existente Hotel Metropol als Wiener Gestapo-Zentale möchte man eigentlich auch nicht mehr denken.

Es wurde im Hotel gestorben – die Morde an Bobby Kennedy und Martin Luther King fanden in Hotels in Los Angeles bzw. Memphis statt (letzteres ist heute eine Gedenkstätte, die jedem Südstaatenbesucher gezeigt wird), Roland Reagan kam bei dem Attentat auf ihn vor dem Capital Hotel in Washington gerade noch davon. Whitney Houstons Leiche wurde in einer Badewanne des Beverly Hills Hotels gefunden, Gustaf Gründgens starb in einem Hotel in Manila, vermutlich durch eine doch irrtümlich eingenommene Überdosis von Tabletten, Oskar Werner, schon am tragischen Ende seines Lebens, wo kein Publikum mehr zahlen wollte, ihn zu sehen, erlitt in Marburg im Hotel einen Herzinfarkt. Georg Markus, der alle seine „Schauplätze“ gewissenhaft abgefahren ist, entdeckte dort nicht die geringste Erinnerung an den Schauspieler … Ja, und dass Prinzessin Diana aus dem Pariser Ritz kam, um so gänzlich überflüssig nächtlich noch einmal das Quartier zu wechseln und dann in einer Pariser Straßenunterführung zu Tode zu kommen, das gehört auch zu diesen traurigen Hotel-Geschichten.

Es gibt auch nettere. Die Liebesgeschichte zwischen Simone Signoret und Yves Montand begann im Colombe d’Or an der französischen Riviera, während JFK und MM sich ihre Rendezvous zu eindeutigem Zweck im Carlyle in New York gaben. Ja, und ebenfalls in New York geriet Dominique Strauss-Kahn (der einem trotzdem nicht leid tun muss) in eine, wie Markus ziemlich genau beweist, klassische „Honig-Falle“. Was auch nur möglich war, weil dieser Herr eben zugriff, wo sich ihm etwas anbot…

Bleiben wir bei den hübschen Geschichten, zweimal kommt Billy Wilder in dem Buch vor, den man als Gigolo (damals sagte man nobel „Eintänzer“ im Berlin der zwanziger Jahre ) im Eden erwischt – und der seinen legendären Film „Manche mögen’s heiß“ im Hotel del Coronado in San Diego drehte. Georg Markus war nicht der Erste, der nach den legendären Strandkörben fragte, die sich im Film so pittoresk ausmachen – es gibt sie nicht, sie wurden damals „erfunden“…

Wenn wir noch die Literatur erwähnen – Schnitzler und Olga Waissnix im Thalhof in Reichenau, Hemingway im Montafon, wo er zwei Frauen gleichzeitig hatte, die nichts von einander wussten (nennt man das Logistik?) – dann hat man auch nur einen Teil dessen aufgezählt, was das Buch bietet.

Grundsätzlich erzählt Georg Markus nicht nur die Geschichte seiner Protagonisten, sondern auch die der Hotels, ihrer Besitzer, ihrer Schicksale. Und richtig schön, mit viel „altem“ Material, hat man das auch bebildert. Das alles nobel und großformatig ausgestattet wie immer. Polster in den Rücken, Knie anziehen und in der großen Welt schmökern gehen…

Renate Wagner

 

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