Georg Markus:
FRANZ JOSEPH & ELISABETH
Ein Doppelporträt – A Double Portrait:
Texte: Georg Markus / Brigitte Hamann
256 Seiten, Amalthea Signum Verlag, 2025
Doppelt doppelt
Der Amalthea Verlag legt einen neuen Buchtypus vor. Nichts gleicht an „Franz Joseph & Elisabeth“ den früheren Werken von Georg Markus mit ihrem charakteristischen Format und der bekannt-beliebten Gestaltung. Nun folgt man in der Doppel-Biographie des Kaiserpaares einem neuen Stil – nicht nur mit knalligen Farben in Rosa und Hellgrau, sondern auch mit riesigen, oft spektakulär aufbereiteten Bildern.
Und – man liefert den Text doppelt, die Seiten sind zweispaltig, links auf Deutsch, rechts auf Englisch, wohl von der richtigen Annahme ausgehend, dass gerade „Sisi“ auch außerhalb des deutschen Sprachraums Interesse finden wird und manch ein Tourist das Buch dann in einem Shop rund um Österreichs zahlreiche Habsburger-Gedenkorte mitnimmt.
Doppelt ist das Buch auch bezüglich der Autoren bestückt. Für den Text wird neben Georg Markus auch noch die (verstorbene) Elisabeth-Expertin Brigitte Hamann genannt. Wie die Texte collagiert wurden, wird nicht geklärt, ist für den Leser aber auch egal. Es geht darum, zwei Persönlichkeiten zu vernetzen.
Denn es gibt schier zahllose Bücher über Kaiserin Elisabeth und auch genügend über Kaiser Franz Joseph, aber die Ehepartner spielen darin im allgemeinen eine nicht allzu große Rolle. Schließlich hatte Elisabeth, nachdem sie mit der Geburt des Kronprinzen ihre „Pflicht“ getan hatte, sich schon sechs Jahre nach ihrer Heirat systematisch vom Wiener Hof und aus dem Leben ihres Gatten entfernt. Man kann sagen, dass die beiden dann mehr oder minder getrennte Wege gingen. Hier soll nun zusammen geführt werden, welche Rolle sie im Leben des anderen dennoch spielten – eine neue Gemengelage, wie man heutzutage sagt.
Chronologisch wird es nacherzählt, wie zwei Menschen, die unter völlig verschiedenen Bedingungen aufwuchsen, der Habsburger martialisch von Anfang an auf „Kaiser“ erzogen, die Wittelsbacherin (aus einer Nebenlinie des Hauses) ein ungestümes Naturkind in den bayerischen Bergen, zusammen kamen – einfach, weil der Kaiser von Österreich, einem halben Kind in Liebe verfallen, seinen Wunsch, seine 15jährige (!!!) Cousine ersten Grades zu heiraten, durchsetzen konnte. Gegen eine skeptische Mutter, gegen ein unsicheres Mädchen, das nicht wusste, wie ihm geschah – sie war ja tatsächlich ein halbes Kind.
Man darf ehrlicherweise sagen, dass dieses Buch für jenen, der sich mit Habsburger Biographien befasst hat, natürlich nichts wirklich Neues bringt. Man kann weder die Voraussetzungen noch den Lauf der Beziehung ändern. Und auch nicht wirklich uminterpretieren, wie es – vor allem an der Figur Elisabeths – so oft versucht wurde. Zumal das Elisabeth-Bild hier vor allem aus der bekannten Feder von Brigitte Hamann stammt, die sie umfassend betrachtet und analysiert hat.
Nein, sie war keine „Emanze“ auf der Suche nach Selbstverwirklichung, sie lernte nur mit zunehmendem (immer noch jugendlichem) Alter ihre Schönheit einzusetzen, um den lebenslang ziemlich hoffnungslos in sie verliebten Gatten zu manipulieren.
Und richtig wird auch eines herausgearbeitet – auch als „Sisi“ noch in Wien war, hat sie von ihrem Ehemann nicht viel gesehen, weil er einfach zu beschäftigt war. Vermutlich war Franz Joseph später mit seinen lockeren Beziehungen „nebenbei“ besser bedient als mit einer unwilligen Ehefrau, die in der erwähnten Manipulation so weit ging, den von ihr so angestrebten Ungarischen Ausgleich mit sexueller Gunst zu bezahlen… Es fiel ihr nicht schwer, sie war eine Frau, die ihre Schönheit zelebrierte – faszinierender als rund um die ungarische Krönung hat sie nie ausgesehen.
Von Franz Joseph, der so oft kritisch gesehen (und in der Literatur herunter gemacht) wird, zeichnet Markus ein relativ positives Bild. Tatsache ist, dass der spätere Kaiser, der als bis in die Knochen unmusisch galt, als Kind ein echtes Zeichentalent besaß, wie Beispiele zeigen. Hier ist ein Mann, der unter der Last der Ansprüche wie auch seiner Pflichten, seiner unaufhörlichen Arbeit gewissermaßen verknöcherte, wobei er sein Pflichtgefühl nie verlor – während Elisabeth sich diesem locker entzog.
So hat Markus manches zusammen gesucht, was den Kaiser sympathisch macht, etwa den Satz, den er 1910 zum ehemaligen amerikanischen Präsidenten Theodore Roosevelt gesagt haben soll: „Der Sinn meines Amtes ist es, meine Völker vor ihren Politikern zu schützen…“ Und eine schlichte Bemerkung zu dem Journalisten Emanuel Singer legte Zeugnis davon ab, wie „eingesperrt“ sein Leben war: „Sie haben’s gut, Sie können ins Kaffeehaus gehen.“
Immerhin legt das Doppelporträt Wert darauf, das Ehepaar betonter als Zweisamkeit zu betrachten als sonst. Schließlich hatte das Paar vier gemeinsame Kinder, wobei die beiden überlebenden Töchter, Gisela und Marie Valerie, in ihrer angenehmen Nüchternheit dem Vater glichen, während Kronprinz Rudolf das unstete, aber vielleicht ans Geniale streifende Gemüt der Wittelsbacher mitbekommen hatte. Aus dynastischen Gründen war es wichtig, dem Volk eine „Familie“ präsentieren, auch wenn die Leute genau über die meist abwesende Kaiserin Bescheid wussten. Und darüber, dass sie sich – mit Ausnahme von Marie Valerie, dem „ungarischen Kind“ – um ihre Kinder kaum kümmerte. Diese waren für sie kein Grund, daheim in Wien zu bleiben. Und so strebt das Doppelporträt doch immer wieder in die Einzelschilderungen der getrennten Leben auseinander…
Elisabeth manövrierte sich in ein Leben der Einsamkeit, an der die gewaltige Entourage, mit welcher die Kaiserin von Österreich unruhevoll durch Europa hetzte, nichts änderte. Aber während Franz Joseph in zahlreichen Fotografien und auch Gemälden vor den Augen der Öffentlichkeit alterte, sorgte die von ihrer Schönheit besessene Elisabeth dafür, dass man sie mit zunehmendem Alter nicht mehr zu Gesicht bekam.
Markus erzählt mit seiner bekannt leichten Hand (eingestreute Anekdoten nicht scheuend). Nicht nur die Hauptpersonen werden plastisch, auch die anderen wichtigen Protagonisten von Erzherzogin Sophie, des Kaisers Mutter (die ihn „machte“), bis zu Gyula Andrassy, von dem man doch nicht weiß, wie die Beziehung zu Elisabeth eigentlich aussah. Da man zu wissen meint, dass sie sich aus Sex eigentlich nichts machte, war sie wohl platonisch…
Bemerkenswert an dem Buch ist auch die reiche Bebilderung, man sieht Gemälde, Fotografien, Briefe, Zeichnungen und Dokumente, Dazu große Inserts mit prägnanten Aussagen aller Art. Die aufgelockerte Form eines Buches, das sich an ein heutiges Publikum wendet und solcherart Gestriges transportiert.
Renate Wagner