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GENF/ Opernhaus: ELEKTRA. Neuinszenierung

Elektra an der Oper Genf vom 29.01.2022 (zweite Vorstellung nach der Premiere)

Ulrich Rasche inszeniert Elektra von Richard Strauss in Genf
Foto:  Grand Théâtre de Genève

Elektra ist die Tochter von Agamemnon und Klytämnestra, dem König und der Königin von Mykene. Um das Opfer ihrer Tochter Iphigenie, der Schwester von Elektra zu rächen, ermordet die Königin den König, der siegreich aus Troja zurückgekehrt ist, und nebenbei auch seine Geliebte. Der Rachemord an Agamemnon fordert seinerseits Rache. So leicht der Königsmord für die Königin und ihren Geliebten war, so schwer ist es für Elektra, ihre Mutter zu töten.

Um diese Geschichte zu erzählen, hat der Regisseur Ulrich Rasche eine aussergewöhnliches Inszenierung geschaffen: einen eisernen Riesen, einen Palast, der halb Gefängnisturm, halb Hinrichtungsmaschine ist und sich ständig bewegt. Nach seiner brillanten Produktion der Elektra von Hugo von Hofmannsthal in München, inszeniert er nun das gleiche Thema in Richard Strauss lyrischem Werk.

Es ist das erste Mal, dass der Regisseur ein Opernwerk inszeniert. Das spürt man dann doch, denn man bekommt den Eindruck nicht los, dass das Imposante Bühnenbild wichtiger ist als das Werk des Richard Strauss. Auf allen verschiedenen Ebenen wird gesungen und gestampft. Es gibt keinen Moment der Zweisamkeit, die Figuren wirken wie gesetzte Personen in einem Baukasten. Übermächtig ist das Bühnenbild.

Elektras Bühnenbild wurde aus München übernommen. Der Raum wird für Genf durch eine zusätzliche Umlaufbahn ergänzt, die um die zentrale Scheibe führt. Als Bühnenbildner ist er dafür bekannt, kolossale Maschinenräume zu bauen, in denen er die Schauspieler tanzen lässt. Er verwendet hierfür riesige Drehscheiben, Hebebühnen oder Laufbänder, auf denen die Schauspieler im Rhythmus gehen.

Und in diesem Rhythmus fügen sich die Sängerinnen und Sänger in das kolossale Bühnenbild ein.

Ingela Brimberg ist ein starke und emphatsiche Elektra, sie fesselt mit ihrer emotionalen und stimmlich aussergewöhnlichen Elektra-Interpretation. Tanja Ariane Baumgartner wirft als Klytämnestra auf grandiose Weise ihre darstellerischen und stimmlichen Mittel in die Waagschale, um die seelisch geschädigte Königin von Mykene, abstossend und bemitleidenswert zugleich, zu porträtieren. Sara Jakubiak spielt und singt eine gelungene gespaltene Figur, hin und her gerissen zwischen Selbstzweifel und Unterwürfigkeit.

Michael Laurenz verkörpert einen stilsicheren Ägisth, Karol Szemeredy einen tollen Orest, er gefällt durch seine sonore Baritonstimme mit angenehmen Vibrato.

Das Ensemble wird hervorragend ergänzt durch; Marion Ammann (die Aufseherin), Elise Bédènes (die Vertraute), Mayako Ito (die Schleppträgerin), Michael Mofidian (Der Pfleger des Orest), Julien Henric (ein junger Diener), Dimitri Tikhonov (ein alter Diener) und Marta Fontanals-Simmons, Ahlima Mhamdi, Céline Kot, Iulia Elena Surdu, Gwendoline Blondeei als die fünf Mägde.

Richard Strauss’ geniale Musik ist bei Jonathan Nott und dem Orchestre de la Suisse Romande in den besten Händen. Betörende Ausweglosigkeit, schöne Grausamkeit.

Marcel Burkhardt

 

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