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GENF/ Grand Théâtre de Genève: LES INDES GALANTES von Jean Philippe Rameau

21.12.2019 | Allgemein, Oper

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Copyright: Grand Théâtre de Genève/ Magalis Dougados

Genf/Grand Théâtre de Genève: Les Indes Galantes von Jean Philippe Rameau.
Vorstellung vom 19.12.2019

Les Indes Galantes, das Hauptwerk des Komponisten welche er im Zeitalter der Aufklärung kreierte, ist eine schillernde Unterhaltung. Rameaus erstes Opernballett zeugt aber auch von dem doppelbödigen Blick der Europäer auf das Andere – Türken, Inka, Perser, Wilde, etc. Dementsprechend erschuf er eine Grand Opera, die eine Kolonialgeschichte erzählt, die in vier exotische Gefilde eintaucht und eine grosse Zeitreise vornimmt.

Regisseurin Lydia Steier (stammt aus den USA und ist auf den deutschen Bühnen oft anzutreffen, zum Beispiel in Salzburg) hatte die grosse Herausforderung, oder besser gesagt die schwierige Aufgabe, diesem fragmentierten Werk eine eindeutige Linie zu geben, diesem aus Ballett, Musik einer zerhackten Handlung, aus Zeitreisen, aufregender Geschehnisse und Liebesgeschichte bestehendes Opus. Um dies allem, einen eindeutigen Raum zu geben und eine nachvollziehbare Geschichte zu kreieren und musikalisch wie tänzerisch zu vereinen braucht es viel Intelligenz und Kreativität, welche in dieser Form, durch die Zusammenarbeit aller Führungskräfte (Regie, Ballett, Bühnenbild, Chor und Orchester) erfolgreich erbracht werden konnte.

Das Einheitsbühnenbild von Heike Scheele bringt die nötige Ruhe auf die Bühne. Das Theater im Theater ist die geschlossene Arena des Geschehens, wo das Ganze sich entfalten kann aber den Geschehnissen nicht entflieht. Das echte Publikum sieht in den Logen des Theaters im Theater, wo die Belagerer das Beobachten was auf der Bühne geschieht. Diese gut durchdachte Regie wird Les Indes Galantes insofern gerecht, weil auf engem Raum eine klare Linie gezogen wird. Dieser Fil rouge im Geschehen ermöglicht es, die fragmentierte Geschichte zu strukturieren und die Handlung glaubhaft zu interpretieren. Diese Betrachtungsweise hat aber dazu geführt die Musik neu zu arrangieren. In der Originalpartitur sind die Tanzpartien anekdotisch aneinandergereiht und nutzten dazu, die Kolonialherrschaft zu demonstrieren.

Der deutsch-argentinische Choreograph und Regisseur Demis Volpi und designierter neuer Leiter des Balletts am Rhein, der die Kompanie der Deutschen Oper am Rhein führen wird, hat eine erstaunlich integratives Ballettkonzept entwickelt. Das Ballet du Grand Théâtre de Genève agiert losgelöst vom kulturellen Kontext, erhabeneres darstellt, metaphorisch wirkt und über die konventionellen Bewegungen hinaus geht. Die in sich geschlossenen und durchdachte Betrachtungsweise gefällt sehr.  Weniger akrobatischer Tanz ist angesagt, es wird lasziv und formschön getanzt. Ein stummer Tänzer kann nicht mit einem tanzenden Choristen verwechselt werden, zu unverwechselbar ist die Handschrift, zu präzise die Tanzchoreographie. In heterogenen Kostümen, die von Lumpen bis zu gehörnten Hüten reichen, einschliesslich Marcel-Tank-Tops und Heereshelmen, vermischen sich all diese schönen Menschen miteinander, ohne dass wir ihre Bewegungen richtig erfassen können.

Unter der hervorragenden musikalischen Leitung von Leonardo Garcia Alarcón und dem gut vorbereiteten Cappella Mediterranea fügt sich die Musik harmonisch in das Gesamtkonzept ein. Er und das Orchester strahlen eine raffinierte Expressivität aus, besonders in den instrumentalen Präludien. Sie kommunizieren gekonnt zwischen Orchester, Solisten und den Tänzern. Die bewundernswert detaillierte und bereits exotische Ouvertüre, der Chic der dichten Menuette, die beherrschende Geschmeidigkeit, zeichnen die Komposition von Rameau eloquenter denn je.

Die Solisten sind durchwegs tolle Sängerinnen und Sänger die als Ensemble glanzvoll interagieren, stimmschön daherkommen und mit grosser Leichtigkeit singen. Kristina Mkhitaryan ist Hébé, Émilie und Zima. Renato Dolcini interpretiert Bellone, Osman und Adario, Roberta Mameli ist Amour und Zaïre, Claire de Sévigné singt die Phani und Amina Edris die Fatime, Gianluca Buratto ist Ali, Anicio Zorzi Giustiniani ist Don Carlos und Damon, François Lis ist Huascar und Don Alvaro und Cyril Auvity Valère und Tacmas.

Unter der feurigen Leitung von Alain Woodbridge kann sich der fabelhafte Choeur du Grand Théâtre de Genève voll entfalten und in seiner Farbenpracht und Formenvielfalt voll ausbreiten.

Marcel Burkhardt

 

 

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