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GENF/ Altes Wasserkraftwerk: DER FLIEGENDE HOLLÄNDER

03.11.2013 | KRITIKEN, Oper

Der fliegende Holländer, im Bâtiment des Forces Motrices (BFM), altes Wasserkraftwerk in Genf am 2.11.13

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Foto: Gregory Badardo

 Der „Cercle Romand de Richard Wagner“ besteht dieses Jahr schon seit 37 Jahren und wäre das nicht schon eine grosse Feier wert, gelingt es dem Verein, für den 200ten Geburtstag des Komponisten auch noch ein Festival hervor zu zaubern, welches national und international große Beachtung findet. Das Wagner Geneva Festival widmet sich vom 26. September bis 5. November der Musik, Literatur, Theater, Skulptur, Tanz und Film rund um Richard Wagner. Das Kernstück dieses Konzeptes ist die Aufführung des „Fliegenden Holländers“ in der Urfassung, die Wagner in Paris 1840 geschrieben hat, am Stück ohne Pause.

 «In Genf konzentriert sich das Team Alexander Schulin (Inszenierung), Bettina Meyer (Bühne), Bettina Walter (Kostüme), Bert Zander (Video) und Rainer Küng (Licht) in einfacher, aber stimmungsstarker Ausstattung ohne Phantomschiff auf die Figuren.

 Senta spielt eine verträumte, fast naive Darstellerin, die eine Marionette des Holländers in Händen trägt und von einem Helden träumt, den sie sehnlichst erwartet. Bis zum bitteren Ende tief enttäuscht, entledigt sie sich von ihrem Traum, in dem sie die Holländer-Marionette wegwirft und aus dem  Rahmen der vergangenen Welt entflieht. Die Bühne ist einfach gestaltet, das Einheitsbild ist karg, vier Wände, vier Zugänge für Solisten, ein grosser Rahmen der die spießbürgerliche Welt darstellt und den bildfüllenden Chor. Die Videoproduktionen beleben das Bild und sind nachvollziehbare, effektvolle Projektionen wie Stürme, Meereswellen und aufblitzende Gesichter.

 Das ist ein gutes Konzept,  vor allem, wenn ein Sängerteam am Werk ist, das den Figuren szenisch wie musikalisch großartige Bühnenpräsenz verschafft. Alfred Walker, ein Bariton von dunkelschwülstiger Dämonie für den Holländer, Ingela Brimberg, eine Traumbesetzung am Wagner-Himmel mit imponierender Intensität für eine energiegeladene Senta. Eric Cutler agiert mit packender Tenorleidenschaft. Die radikalste Ablehnung erfährt der Holländer bei Erik, Sentas Verlobtem. Nicht einmal sein strahlender Tenor hilft Senta von ihrer Besessenheit abzubringen. Dimitry Ivashchenko überzeugt mit kernigem Bass als patzig jovialer Daland.

 Eigens für dieses Festival wurde das Orchestre du Wagner Geneva gegründet, bestehend  aus den Studenten der Hochschule für Musik Genf (HEM-Genève), der Hochschule für Musik Lausanne (HEMU) und dem Nationalen Konservatorium für Musik und Tanz Paris (CNSMD-Paris)

 Die umfangreichen Chorpartien wurden vom Choeur du Grand Théâtre de Genève Einstudierung Ching-Lien Wu musikalisch kraftvoll und zugleich höchst differenziert gestaltet. Szenisch bringen sie sich mit bemerkenswerter Beweglichkeit und ausdrucksvoller Präsenz in die Inszenierung ein.

 Der Ukrainer und hoffnungsvolle Nachwuchskünstler Kirill Karabits bot ein aufregendes Dirigat. Schon die allerersten Klänge schlagen mit voller Wucht ein und nehmen das Publikum mit auf
 eine Reise, der es sich während der nächsten gut zweieinhalb Stunden nur schwer entziehen 
kann.

 

Marcel Paolino

 

 

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