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Franz von Assisi trifft Sultan Al Malik bei Berlin Classics erschienen

07.11.2019 | Allgemein, cd

Franz von Assisi trifft Sultan Al Malik bei Berlin Classics erschienen

Die Befreiung Jerusalems

Franz von Assisi trifft Sultan Al Malik bei Berlin Classics erschienen/ Dies ist eine eindrucksvolle Dokumentation der Musik aus dem 13. Jahrhundert von Christen und Muslimen zwischen Orient und Okzident. 1095 rief Papst Urban auf der Synode in Clermont zur Befreiung Jerusalems auf. Den Kreuzfahrern wurde Ablass ihrer Sünden wie auch Ruhm und Ehre in dieser Welt und im Jenseits versprochen. Davon erzählt das vom Pera Ensemble unter der Leitung von Mehmet C. Yesilcay glänzend dargebotene Kreuzzuglied „Deus Lo Vult Pax In Nomine Domini“ (von Macabru, 1130-1150). Das Kreuzlied „Seigneurs Saichies“ von Thibaut de Champagne (1201-1253) besitzt den hymnischen Schwung eines Liebesliedes, dessen dynamische Kontraste in reizvoller Weise auffallen. Das instrumentale Werk „Du Shems“ von Farabi (872-950) besticht durch einen ausgeprägten 16/4-Rhythmus. Und der Danse Real aus dem frühen 13. Jahrhundert fasziniert ebenso aufgrund seiner rhythmischen und harmonischen Vielschichtigkeit. „Au Tans Plain de Felonie“ von Thibaut de Champagne bezieht sich auf die Exkommunikation Kaiser Friedrich II. durch Papst Gregor IX. Die Lieder der Trobadours kommentieren aktuelle Ereignisse sehr kritisch, was auch hier der Fall ist. Dieses bedeutende Stück wird durch eine reizvolle Improvisation auf der Mittelalterlaute (Mehmet Cemal Yesilcay) eingeleitet und fällt durch seinen fast marschartigen Rhythmus auf. „Poi Las Figuras“ von Alfonso El Sabio stammt aus der Sammlung der Cantigas de Santa Maria, einer Sammlung von Marienliedern, die von König Alfonso X. von Kastilien gesammelt wurden. Die wunderbare und tänzerische Melodie verrät nichts davon, dass hier eine Frau gefesselt an ein Pferd gebunden und bis zum Tode ausgepeitscht wird. Sie hatte einen Stein auf eine Statue der Jungfrau Maria mit dem Kind geworfen. „Ghazel“ von Ibn Arabi ist eine dynamisch differenziert dargebotene Vokalimprovisation. Die Spiritualität und Komplexität dieser Gedankeninhalte fesselt die Zuhörer ungemein. Die Ideen von Ibn Arabi durchdrangen die islamische Welt. Erotische und metaphysische Assoziationen werden hier angesprochen. Während seiner Pilgerzeit in Mekka begegnete Ibn Arabi einer jungen Perserin, die den Anstoß zu diesen Gedichten gab. „Ave Donna Santissima“ eines Anonymus geht als volkstümliches Lied auf die Zeit Franz von Assisis zurück, wobei die Melodien sehr stark an die Musik aus dem Orient erinnern. Ähnlich ist es bei dem Sufilied „Entel Hadi Entel Hak“ eines Anonymus. Die Sufilieder erklangen bei der Versammlung der Derwische. „Troppo Perde L’Tempo“ ist eine Musik, die von Mystik und Ekstase getragen wird. „La Septime Estampie Real“ ist ein weiteres französisches Instrumentalstück, das an einem orientalischen Hof überzeugte. Ein akustischer Höhepunkt sind auf dieser CD in jedem Fall die wunderbar weiträumig dargebotenen „Sonnengesänge“ von Franz von  Assisi. Eine weitere eindrucksvolle Komposition ist ferner „Losi Di Dio Altissimoa – Zikir“ von Franz von Assisi. Als Papst Honorius III. erneut zu einem Kreuzzug gegen den Sultan aufrief, zog sich Franz mit seinen engsten Vertrauten deprimiert auf den Berg La Verna  zum Beten und Fasten zurück. Die tiefe Verbundenheit Franz‘ mit dem Islam tritt hier musikalisch deutlich zum Vorschein. Diese Musik hat auch stark meditative Züge. Auf den Spuren Franz von Assisis wandelte auch Jacopone da Todi bei „Il Donna De Paradiso“. Seine vertonten Gedichte spiegeln seinen emotionalen Zustand: Leid, Schmerz und Ekstase. Ein weiterer Glanzpunkt dieser CD ist dann das mächtige Sufigebet der Shadheli-Bruderschaft. Die geistige Vereinigung mit Gott erreicht hier eine ungewöhnliche Intensität: „Musik ist die Sprache Gottes“.

Alexander Walther

 

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