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FRANKFURT / Rémond Theater: DINGE, DIE ICH SICHER WEISS

Abschied vom Fritz Rémond Theater im Zoo

27.04.2023 | Allgemein, Theater

Am Beispiel der australischen Familie Price schildert der Autor Andrew Bovell in seinem Schauspiel die Strukturen und unterschwelligen Spannungen, die es in ähnlichen Ausprägungen wohl in jedem Familienverband geben dürfte. Die exemplarischen Geschichten der vier erwachsenen Kinder und ihrer Eltern dienen dabei als meist unterhaltsames, aber teilweise auch zutiefst bewegendes Gerüst und es gibt wohl niemandem im Publikum, der nicht die eine oder andere Szene selbst schon in ähnlicher Weise erlebt hat.

Ein Baum und eine Gartenhütte geben Schutz, vier präzise in Reihe stehende Rosenstöcke geben insbesondere dem Vater eine Ordnung. Am Familientisch spielen sich die Dramen ab. Das Bühnenbild und die Regie von Anatol Preissler, der sich ebenfalls für die Übersetzung auszeichnet, fokussieren sich auf die wesentlichen Aussagen des Stücks. Am Ende wird klar, dass es kaum Dinge gibt, die man sicher weiß, denn das Schicksal hat oft andere Ideen als sich die Protagonisten für sich und ihre Lieben ausgemalt hatten. 

Ein Phänomen ist Maria Hartmann als Mutter Fran. Sie ist stets darum bemüht, das Konstrukt Familie zusammenzuhalten, manipuliert und dirigiert dabei so geschickt, dass ihre Rolle als Oberhaupt der Familie unstrittig ist. Nicht umsonst ist die Schauspielerin in Hamburg für die Interpretation derselben Rolle am Hamburger Ernst Deutsch Theater mit einem Preis für ihre herausragende Darstellung ausgezeichnet worden. Gerhard Mohr als Vater Bob ist der genügsamere und gelassenere Charakter und wirkt dabei manchmal hilflos und doch so sympathisch. Katharina Schmidt gibt die quirlige Rosie und verkörpert dabei überzeugend die melancholischen und verletzlichen Seiten der Figur. Jantje Billker verlässt als Pip ihren Mann und ihre gemeinsamen Kinder, um einen Job in Kanada anzunehmen und eine neue Beziehung einzugehen. Sohn Mark (Tilmar Kuhn) ist im falschen Körper zu Hause und will fortan in Sydney als Mia leben, während Ben (Mathias Renneisen) dem Luxusleben fröhnt und zur Finanzierung seines Lebensstils Geld veruntreut. Mutter Fran wird es richten…

Das Rémond Theater verfügt über ein überzeugendes Ensemble, welches konzentriert und energiegeladen den Abend bestreitet und auch an diesem mäßig verkauften Dienstagabend für begeisterte Zuschauerreaktionen sorgt. Mit dieser bewegenden Inszenierung setzt Intendant Prof. Claus Hellmer einen denkwürdigen Schlusspunkt des Frankfurter Fritz Rémond Theaters im Zoo, welches nun nach 76 Spielzeiten mit der letzten Vorstellung dieser Serie am 21. Mai endgültig schließen wird. 

Marc Rohde

 

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