Frankfurt: „ORLANDO FURIOSO“ – WA 12.02.2914
Daniela Pini, Björn Bürger. Foto: Wolfgang Runkel
Das von Ludovico Ariosto 1532 verfasste Epos vom rasenden Roland, der aus verschmähter Liebe zur Prinzessin Angelica in Wahnsinn verfällt, inspirierte Antonio Vivaldi 1727 zur Komposition seiner Oper „Orlando Furioso“, einem musikalischen Schmuckstück mit dramaturgisch ausgefeilten Rezitativen, blitzenden Koloraturfeuerwerken und bittersüß fließenden Lamenti. Nun hatte dieses Barockjuwel 2010 in der Oper Frankfurt Premiere und erlebte nun heute seine zumindest musikalische, glanzvolle WA. Es widerstrebt mir, bar so vieler szenischer Verfremdungen (David Bösch) unnötig Papier zu verschwenden, verschloss mich optisch zunehmend diesem überfrachteten Kuriosum und genoss mehr die akustisch-kulinarischen Delikatessen.
Am Pult des reduzierten Frankfurter Opern- und Museumorchesters waltete umsichtig und liebevoll Felice Venanzoni und führte mit Verve bereits beim Vorspiel, mit sehr viel Fingerspitzengefühl ausgesprochen virtuos durch die abwechslungsreiche Partitur. Es schien eine Herzensangelegenheit des Dirigenten zu sein, die Musiker zu bestechender Sicherheit, transparentem Klang und individueller Musizierfreude zu motivieren. Zudem verstand es Venanzoni sehr einfühlsam unterschiedliche Stimmungen einzufangen, Sänger bestens zu begleiten und mit den herrlichen Melodien Vivaldis magische, musikalisch-kostbare Atmosphären zu schaffen.
Mit bewundernswertem Eifer entledigte sich Delphine Galou (Orlando) den von der Regie auferlegten Absurditäten (wie auch alle anderen Sänger) und ließ ihren herrlich satten Mezzosopran genüsslich strömen. Bruchlos verband die französische Barockspezialistin vokale Wärme, Leichtigkeit, Koloraturgewandtheit mit fülligen Tiefen und fliegenden Höhen ihres wohltimbrierten Materials. Flexibel, schönstimmig, höhensicher präsentierte Sofia Fomina (Angelica) ihren in allen Lagen ansprechenden Sopran. Der Zaubertrank der Alcina zeigte bei Ruggiero (Lawrence Zazzo) eine nachhaltige Wirkung, denn die Stimmschönheit des amerikanischen Counters berückt und bezaubert zugleich. Die so herrlich interpretierte Arie Sol da te mio dolce amore wurde bedingt durch das balsamisch, frei strömende Material zum sinnlichen Erlebnis. Temperamentvoll trumpfte Björn Bürger mit flexiblem, koloraturreichem, weichem Bariton auf und schenkte dem Astolfo, ein in Krachlederne verpackter Bursch die herzerfrischende Natürlichkeit. Daniela Pini konzentrierte sich bei der Charakterisierung der schillernden Zauberin Alcina mit ihrem hellen Mezzo, mehr auf die dramatischen Aspekte und blieb somit den emotionellen Regungen der Figur einiges schuldig. Mit mehr Einfühlungsvermögen, dunkleren Vokalschattierungen gelang dagegen Katharina Magiera das eindrucksvolle Portrait der Bradamante. Instrumental führte Paula Murrihy ihren bereits barock-erprobten Sopran durch die Partie des Medoro. Kurz und heftig bejubelte man alle Mitwirkenden insbesondere das Orchester und den Dirigenten.
Gerhard Hoffmann