Gaëlle Arquez (Charlotte). Foto: Barbara Aumüller
Frankfurt / Opernhaus: „WERTHER“ – WA 27.09.2020
Allen Corona-Widerständen zum Trotz bemüht sich die Oper Frankfurt unter ihrem rührigen Intendanten Bernd Loebe den Spielplan abwechslungsreich zu gestalten und präsentierte erneut „Werther“ von Jules Massenet. Seit der Premiere besuchte ich alle WA meines französischen Opern-Favoriten und erlebte während der letzten 14 Jahre großartige Interpreten von internationalem Renommee. 350 Zuschauer werden dato zugelassen jedoch weniger waren erschienen.
Unter den strengen Sicherheitsmaßnahmen lief die vortreffliche Inszenierung von Willy Decker zur klaren und schnörkellosen Bühnen-Ausstattung sowie den schönen Gründerzeit-Kostümen des Kreators Wolfgang Gussmann kaum merklich gekürzt incl. Pause in 160 Minuten über die Bühne. Der sechsköpfige Kinderchor sowie einige Statisten trugen Maske. Intensiv im verhaltenen Spiel jedoch mit auferlegtem Abstand vermittelten die Protagonisten die exemplarische Umsetzung der ménage á trois.
Iain MacNeil (Johann), Brian Michael Moore (Schmidt) und Gerard Schneider (Werther). Foto: Barbara Aumüller
Gerard Schneider gab sein Rollendebüt als Werther konnte jedoch vokal nicht überzeugen. Lag es nun an der „Premieren“-Nervosität oder schlichtweg der stimmlichen Überforderung?
Mit männlich-herben Tönen der Mittellage konnte der österreichisch-australische Tenor durchaus überzeugen, jedoch fehlten der Stimme zuweilen das glanzvolle Höhenpotenzial sowie die Kraftreserven dieser anspruchsvollen Partie.
Ähnlichen Eindruck hinterließ die französische Mezzosopranistin Gaelle Arquez mit ihrer ersten Charlotte, welche sie mit Vibrato und vokalen Ecken und Kanten ausstattete. Resolut darstellerisch wie stimmlich mit kräftigen Soprantönen stellte Heather Engebretson ihre Sophie vor.
Die schönste und kultivierteste Stimme des Abends präsentierte zweifellos das neue Ensemble-Mitglied Domen Krizaj. Der junge slowenische Sänger reüssierte bereits mit einem erfolgreichen Lieder-Recital und verlieh nun dem chancenlos liebenden Albert die noble Erscheinung. Markant, herrlich timbriert strömte der dunkle Bariton in prächtigen Farbnuancen und ausdrucksstarker Klangbalance dahin und sicherte sich den Beifallszenit.
Bestens bei Stimme verlieh das Ensemble-Urgestein Franz Mayer Le Bailli väterliche Präsenz. Tenoral bzw. baritonal aufhorchen ließen Brian Michael Moore (Schmidt) sowie Ian MacNeil (Johann).
Am Pult des auf 23 Mitglieder reduzierten vortrefflich musizierenden Frankfurter Opern- und Museumsorchesters waltete Takeshi Moriuchi, verlieh der bitter-süßen Massenet-Partitur betörende Klangformationen, vernachlässigte jedoch zuweilen die exaltiert-dramatischen Spannungs-Abläufe.
Meinen verstimmten Hörgewohnheiten zum Trotz bedachte das anwesende Publikum alle Beteiligten teils mit Bravos und herzlichem Applaus.
Gerhard Hoffmann