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FRANKFURT/Opernhaus: I PURITANI. Wiederaufnahme

04.09.2020 | Oper, Oper international

 


Andrzej Filonczyk, Brenda Rae. Foto: Barbara Aumüller

Frankfurt / Opernhaus: „I PURITANI“ – WA 03.09.2020

Zur Eröffnung der Opernsaison 2020/21 präsentierte die Oper Frankfurt in auf 130 Minuten gekürzter Form, ohne Pause durchgespielt Vincenzo Bellinis herrliche Belcanto-Oper „I Puritani“ vor knapp 390 Zuschauern. Natürlich ist es eine Schande betrachtet man die unterschiedlichen Pandemie-Regeln unserer  Bundesländer.   Die Walküren-Fricka würde mit den Worten mir schaudert das Herz ihrer Empörung Ausdruck verleihen.  Wie sollte Einigkeit in Europa funktionieren wenn es nicht mal unsere provinziellen deutschen Landesväter sowie die Regierung in Berlin auf einen Nenner schaffen?

Nun denn allem zum Trotz spielte die Oper Frankfurt wieder wenngleich in diversen „Corona-Fassungen“ bereits vor Beginn mit nur einfach besetzter Kasse, dadurch begann die Aufführung 20 Minuten später – „Corona-Fassung“ der Choristen statt ca. 50 nur „24“ – „Corona-Fassung“ des Orchesters von ursprünglich 56 Mitgliedern auf „21“ reduziert.

Somit beginne ich mit dem vortrefflich musizierenden „Kammer-Orchester“ des Frankfurter Opern- und Museumsorchesters welches rasant und spitzig von der jungen Dirigentin Oksana Lyniv durch Bellinis Partitur geleitet wurde. Bereits beim kurzen Vorspiel dem instrumentalen Prolog und Ausschnitt aus „Hexameron“ zum Puritani-Thema von Franz Liszt, wurde den Zuhörern klar was sie in den kommenden zwei Stunden erwarten durften nämlich ein orchestrales Festivo-Pomposo. Prächtig pointiert, traumwanderlisch sicher gespielt, mit schlichtweg ansteckender Musizierfreude erklang Belcanto als umgesetzte Agogik in hervorragend rhythmischer Präzision. Die temperamentvolle Dirigentin verstand es meisterhaft die stark reduzierten Instrumental-Gruppen in prächtig-transparenter,  homogener Klangentfaltung zu einen.

Umhüllt von so viel musikalischem Flair fühlten sich die Sanges-Solisten zu wahrhaften Glanzleistungen animiert. War es nun die sechsmonatige Zwangspause, die Lust zu neuem  Tatendrang oder schlichtweg der plausible Handlungsablauf des Regisseurs Vincent Boussard oder die Akteure fühlten sich rundweg wohl in der exquisiten Haute Couture des französischen Schöpfers Christian Lacroix? Ich gewann unversehens den Eindruck die Protagonisten spielten intensiver mit größerem Enthusiasmus als während der Premieren-Serie des Jahres 2018 (Online-Merker 12/2018) welche mich derart begeisterte und noch zu zwei weiteren Privat-Besuchen inspirierte.


Brenda Rae. Foto: Barbara Aumüller

Nun leider zum letzten Mal im Spielplan (lt. Programm-Info) formierten sich die Künstler der Hauptpartien zu einem Quartett der Weltklasse. Allen voran Brenda Rae begeisterte erneut das Publikum. Mit noch einmal deutlich gesteigerter Stimmsicherheit stellte sie ihre Elvira in den Fokus einer glanzvollen Interpretation. Die Sopranistin vermochte mit wunderbar innig gestalteten Bögen ihres großartigen Vokalinstruments zu bezaubern, wie ebenso mit farbenreichen  und sicher platzierten Spitzentönen von geradezu umwerfender Schönheit. Silberhell, mühelos, präzise überstrahlte die Stimme die Ensembles und schenkte der Partie die wunderbar verinnerlichten weitausschwingenden Bellini-Kantilenen.

Begeisterte bereits letztmals ein Tenor der Spitzenklasse in der Rolle des Arturo Talbo übertraf nun Francesco Demuro bei Weitem die Erwartungen der abnormen Tessitura der Partie. Mit feiner Lasur, völlig unbekümmert mühelos erklomm der sardische Tenor in traumwandlerischer Sicherheit die schwindelerregenden Höhenbereiche. Der Sänger verfügt über ein immenses Spektrum zwischen differenzierter Mittellage, leichter nuancierter  Stimmführung und traumhaft harmonisch perlenden Obertönen. Die Publikumsgunst war dem famosen Künstler gewiss.

Neu besetzt war ebenso die Partie des Riccardo mit Andrzej Filonczyk. Der junge polnische Bariton demonstrierte Belcanto-Melos pur, weckte Sehnsüchte die schöne Stimme in einer Verdi-Partie zu erleben. Wunderschön floss das Timbre in herrlichem Legato, vollendet erklang der kräftige Bariton in farbintensiven Variationen und fügte sich nach nuancierten Soli ausgezeichnet in die Duette und Ensembles mit ein.

Erneut in souveräner Noblesse führte Kihwan Sim sein prächtiges Bass-Potenzial vor, schenkte dem Giorgio profund-sonore Tiefen, baritonale Höhen-Aufschwünge und verlieh der Partie eine würdevolle unverkennbar autoritative Vitalität.

Markant offerierte Karolina Makula (Enrichetta di Francia) ihren charakteristischen Mezzosopran. Schönstimmig fügten sich Thomas Faulkner (Gualtiero Valton) und Tianji Lin (Bruno Robertson) ins Geschehen.

Viril, effektvoll, trotz Reduzierung höchst qualitativ präsentierte sich der mit Masken dekorierte Opernchor (Tilman Michael).

Enthusiastisch feierte das Publikum alle Mitwirkenden respektvoll in dankbarer Herzlichkeit. Eine der letzten Aufführungen am  06./09./12./20. Sept.  sollte kein Belcanto-Fan verpassen!

Gerhard Hoffmann

 

 

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