Juanita Lascarro. Foto: Oper Frankfurt/ Barbara Aumüller
Frankfurt / Opernhaus: „ENSEMBLE-ABEND“ – 01.07.2020
Zum letzten Ensemble-Abend des „Corona“-Sommers hatte die Oper Frankfurt geladen und bot wiederum ein vortreffliches Lieder-Programm. Die künstlerische Entwicklung Alexander Zemlinskys, dessen kompositorische Bandbreite lassen noch die Einflüsse von Brahms und Wagner erkennen und somit dürfen wir uns auf die Frankfurter EA „Der Traumgörge“ in der nächsten Spielzeit freuen. Juanita Lascarro eröffnete das Recital mit den „Walzer-Gesängen op. 6“ des Korngold-Lehrers, interpretierte die sechs Lieder mit gut fundierter Mittellage und souveräner Intonation, doch leider geriet die Sopranistin während der hohen Lagen in die Bredouille sowie während Traum durch die Dämmerung – Liebeshymnus von Richard Strauss.
„Tre sonetti di Petrarca“ aus der Feder von Franz Liszt erwiesen sich als reizvolle Canzonetten deren Inhalte Theo Lebow textlich wie musikalisch in vorzüglicher Weise präsentierte. Erstaunlich mit welcher Leichtigkeit der Tenor in stilistischer Einfühlung, immens gestalterischer Finesse Belcanto mit italienischer Kantilene zu dramatischem Gespür in vokaler Schattierungskunst verband und zudem sein Material in tenorale wohlklingende Höhen führte. Eine kleine Paraphonie beeinträchtigte in keiner Weise den qualitativen Vortrag.
Mit reifem Sopran und beträchtlicher Sängererfahrung ließ Barbara Zechmeister drei Chansons von Kurt Weill zum Ereignis werden. Charmant, melancholisch, kokett, frech band die aparte Künstlerin Nannas Lied – Je ne t´aime pas – Der Abschiedsbrief zu vokalem Raffinement.
Ende der 1970er durchbrach als Pionierin Christa Ludwig die männliche Interpretations-Domäne von Schuberts „Winterreise“ im BASF-Feierabendhaus Ludwigshafen, danach erlebte ich noch weitere prominente Interpretinnen mit diesem Zyklus. Dasselbe galt für den Liederkreis „Dichterliebe“ von Robert Schumann welcher vornehmlich Sängern mit hohen und tiefen Stimmen vorbehalten schien. Heuer auf meine alten Tage war es mir erstmals vergönnt diesen Zyklus von einer Sängerin zu erleben.
Kateryna Kasper. Foto: Oper Frankfurt/ Barbara Aumüller
Kateryna Kasper kam, sang und siegte! Es war wie bisher eine Freude der charmanten Künstlerin zu lauschen. Beinahe war ich geneigt jedes einzelne Lied der 16 Vertonungen zu rezensieren, doch beschränke ich meine Begeisterung auf wenige Pretiosen.
Eindrucksvoll eröffnete Kasper geprägt von hoher Musikalität in bestechender Artikulation mit Im wunderschönen Monat Mai. Gewiss, die Dame verstand nicht nur in Akkuratesse Töne zu formen, jede Note war am rechten Platz und wunderschön gesungen, sogleich ließ die Sopranistin glauben, dass sie verstand was sie sang und sehr glaubhaft dem Hörer vermittelte. Lapidar, persönlichkeitsstark erklang Im Rhein, im heiligen Strome sowie pastos Ich grolle nicht. Kateryna Kaspers Kursus war erfüllt vom Geist tiefempfundener Musik in delikater, post-impressionistischer Untermalung in Verbindung von fein nuanciertem Ausdruck. Diese Gaben spiegelten sich besonders bei Ich hab im Traum geweint wider, besonderen Reiz verlieh Kasper Allnächtlich im Traum und zu klar leuchtendem Sopran-Timbre schenkte die Sängerin dem Finale Die alten, bösen Lieder betörende Piani.
Das war Kunstlied-Interpretation auf sehr hohem Niveau und sollte von OEHMS-Classics dem Label der Frankfurter Opern-Produktionen unbedingt auf CD gebannt werden.
In abwechslungsreicher Gestaltung und viel Einfühlungsvermögen begleitete am Klavier In Sun Suh die Damen Lascarro und Zechmeister. Vortreffliche orchestrale Klangfarben zauberte der Pianist Lukas Rommelspacher während den Recitals von Kasper und Lebow.
Die Zuhörer der kleinen Fan-Gemeinde des inzwischen begrenzt geöffneten 2. + 3. Rangs applaudierten den Künstlerin sehr herzlich und sparten nicht mit Bravorufen.
Gerhard Hoffmann