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FRANKFURT/ Oper: MANON LESCAUT. Premiere

08.10.2019 | Allgemein, Oper

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Copyright: Barbara Aumüller

Frankfurt: „MANON LESCAUT“ – 06.10.2019

Nach langer Absenz hatte „Manon Lescaut“ (Giacomo Puccini) an der Oper Frankfurt in einer glanzvollen Aufführung wiederum Premiere und bescherte dem Haus erneut ein Highlight, an dessen Erfolg auch das spanische Produktions-Team beachtlichen Anteil hatte.

Der Regisseur Àlex Ollé verlegte die Handlung in unsere weltumspannende Thematik der Flüchtlingskrisen per Video-Einblendungen.  Emigranten, Manon und Lescaut befinden sich bereits im Airport-Transit. Das junge Paar findet sich, flieht sodann nahm das Verhängnis seinen Lauf. Geronte de Ravoir kein Chevalier eher ein Luis und Inhaber eines Erotic-Etablissements, die Ladies animieren mit Stables-Dance, Manon übt gekonnt und setzt sich äußerst attraktiv in Szene, sodann Verhaftung, Abschiebelager  und Deportation. Großartige Sänger-Darsteller standen Ollé zur Verfügung, allen voran besonders verstand es das unglückliche Liebespaar intensiv natürlich und glaubwürdig zu überzeugen. Die hoffnungslose Verzweiflung, jeglicher Perspektiven beraubt, inmitten der nun vordergründigen Lettern LOVE zu überdimensionierten bedrohlichen Beton-Pylons mutiert  in Zeitlupen-Rotation hauchte die Verdurstende ihr Leben aus, das ging dem Auditorium ringsum vernehmlich, gewaltig an die Nieren.

Alfons Flores entwarf die aufwendigen Bühnenkonstruktionen der vier Bilder zunächst den Transitraum des Terminals, das Interieur, die breite Treppe des Eros-Centers mit riesig prangenden Lettern LOVE. Deprimierend die Gitter-Container des Abschiebelagers und schließlich das bezwingende Finalbild. In großartiger Illumination  lenkte Joachim Klein das Auge des Betrachters auf besonders wichtige Momente der intensiven zwischenmenschlichen Dramaturgie. Die modischen Kostüme-Designs  kreierte Lluc Castells.

Vom lässigen Teenager wandelte sich Asmik Grigorian in unglaublicher Motorik zur agilen Tänzerin und beim Finale zur gereiften, sterbenden Frau. Dazwischen faszinierte die grandiose Sängerin mit mimischen Facetten und Ausdrucksnuancen die unter die Haut gingen, ob nun das junge scheinbar unbeschwerte Mädchen welches plötzlich mit der Wahl zwischen Liebe oder einem Leben im Reichtum konfrontiert wurde,  sich letztlich für den Mann ihrer Wahl entschied. Jedoch nicht nur szenisch verstand es Grigorian zu reüssieren nein die Sängerin bot ebenso vokal eine Glanzleistung. Jungmädchenhaft, klar, leuchtend im schier unendlichen Höhen-Kosmos aufblühend mit sicherem Gespür für fließende Puccini-Kantilenen interpretierte die Sopranistin diese unaufhaltsam Getriebene.  Asmik Grigorian bezauberte mit lyrischer Tongebung, vollendeter Phrasierungs- und Legato-Kunst gleichwohl und verstand es ebenso mit dramatischem Aplomb zu exaltieren. Kein Wunder das Publikum lag ihr zu Füßen und ließ in seiner Begeisterung die Wände erzittern.

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Copyright: Barbara Aumüller

 

Beinahe, jedoch nur beinahe stahl der junge Amerikaner Joshua Guerrero der Diva die Show. Der bereits in nordamerikanischen Opernhäusern gefeierte Tenor gab sein deutsches Debüt und verstand es in Kombination von strahlkräftiger Vokalise, lyrisch feinen Tönen, sinnlich timbriertem Material, herrlichen Phrasierungen und dynamischer Expressivität und last not least mit bestem Aussehen dem verliebten Des Grieux glaubwürdige Darstellung zu schenken und das Publikum zu betören.

Mit kernigem Bariton, weichem Timbre, wunderbaren Farbnuancen und bester optischer Präsenz überzeugte und begeisterte zugleich Jurii Samoilov als sehr agiler Lescaut. In stimmlicher Vitalität ließ Donato Di Stefano seinen Bass strömen und schenkte dem  Geronte das unsympathische Outfit, die zwielichtige Verschlagenheit.

Weich strömte der Mezzosporan beim Couplet des Musicus und Bianca Andrew gewann dazu in bildschöner Optik. Mit lyrischem Tenor gestaltete Michael Porter Edmondo, ebenso Jaeil Kim den Tanzmeister. Vortrefflich ergänzten die Stimmen Santiago Sánchez (Laternenanzünder), Magnús Baldvinsson (Wirt), Bozidar Smiljanic (Sergeant) und Pilgoo Kang mit markantem Bass den Kapitän das Ensemble. In bester Vokal-Disposition präsentierte sich der spielfreudige Opern-Chor (Tilman Michael).

Am Pult des Frankfurter Opern- und Museumsorchesters bot Lorenzo Viotti eine dynamisch-rasante Interpretation. Zuweilen impressionistisch beleuchtete der smarte Dirigent die Partitur in feiner Kolorierung, ließ nuanciert aufspielen, zauberte mit dem prächtig disponierten Orchester herrlichen Puccini-Sound ohne eruptive Wogen. Perfekt austariert wirkten die Emotionen der samtweich aufspielenden Streicher im rhythmisch-differenzierten Gesamtklang des Apparats.

Ovationen für die drei Hauptakteure sowie Viotti. Mit weniger Europhorie bedachte man das Produktionsteam für seine moderne Regietheater-Version. Es geht also doch, sind nur die Könner am Werk. Ein absolutes MUSS für Opern- und Puccini-Fans.

Weitere Aufführungen am 10./13./18./25./27.10./02./09./15./23.11.2019

Gerhard Hoffmann

 

 

 

 

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