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FRANKFURT/ Oper: I PURITANI

07.12.2018 | Allgemein, Oper


John Osborn, Brenda Rae. Copyright: Barbara Aumüller

Frankfurt: „I PURITANI“

Besuchte Vorstellung 06.12.2018

Wie bereits zur „Adriana Lecouvreur“ engagierte die Oper Frankfurt das vortreffliche Team Vincent Boussard (Regie) und Christian Lacroix (Kostüme) und die kreativen Herren schufen wieder eine Produktion von ungewöhnlich qualitativer sehenswerter Optik und zwar „I Puritani“ von Vincenzo Bellini. Dazu lieferte Johannes Leiacker das auf das Nötigste reduzierte Bühnen-Interieur dessen dramaturgischen Effekte vom raffinierten Lichtdesign (Joachim Klein) sowie den Video-Adaptionen (Isabel Robson) der Präsenz zusätzliche konstruktive Prädikation verliehen. Strömender Regen, aufgewirbelte Blätter demonstrierten naturrealistische Impressionen, durch den Gazevorhang erschien so manche Szene wie ein Renaissance-Gemälde vor der Front (oder Ränge) eines sich in der Renovierung befindlichen Opernhauses.

Das Team verlegte die Handlung ins 19. Jahrhundert, Bellini wurde in sein Grab versenkt, jedoch davor von Elvira (quasi als Honneurs und Reverenz des großartigen Komponisten?) geküsst. Plausibel die Erzählweise des Handlungsablaufs konform zur exquisiten Haute Couture des französischen Modeschöpfers. Elvira in teils weißer Traumwolke, die Herren meist in schwarzem Cut mit zeitgemäßen Zylinder-Hüten, die Solisten in weinroten Kostümen ebenso wiederkehrend zum dezenten Kolorit der Roben diverser Chordamen.

Erwähnenswert bar der vortrefflichen Spielkultur des Orchesters und umsichtigen Leitung von Maestro Ceccherini wurden die Sänger in einer Weise begleitet, dass sie sich teils in Piani entfalteten und so Belcanto-Italiana pur offerierten wie man es nördlich der Alpen selten erleben darf.

Brenda Rae ist längst kein Geheimtyp mehr animierte sie bereits zu „La Sonnambula“ das Publikum zu Ovationen, konnte sie wiederum mit der Elvira ihren persönlichen Erfolg wiederholen und versetzte das Auditorium erneut in Euphorie. Die Belcanto-Partie schien für das farbenreich aufblühende Timbre der Sopranistin wie geschaffen und kam besonders den elegischen Melodien zugute, jenen von Giuseppe Verdi viel beschworenen „melodie lunghe, lunghe, lunghe“. Brenda Raes Stärke ist vor allem die lyrische Emphase, zudem ist die Stimme koloratursicher und verlieh Son vergin vezzosa den rhythmisch-leichten Ton zu welchem sie individuelle Verzierungen servierte. Virtuos formte die Sängerin zu breit strömendem Legato, vereinte bravourös vokalen Ausdruck mit Emotionen ihrer darstellerischen Bandbreite. Reine Intonation und balsamischen Fluss schenkte Rae O rendetemi la speme in feiner Lasur und anrührend umnachteten Fiorituren und blieb stets während den Duetten und Ensembles und besonders dem ersten Akt-Finale Ah vieni al tempio strahlend-leuchtender Fixstern. Ihr Sopran schien teils wie auf einer Wolke ähnlich wie ihr weißes Brautkleid zu schweben.

John Osborne als unvergessener „Werther“ am Hause setzte nun als Arturo erneut tenorale Glanzpunkte. Der hohen Tessitura der Partie begegnete der ausgezeichnete Sänger in souveräner Noblesse und schenkte dem königstreuen Patrioten heroischen Aufschwung und beste Legato-Technik. Belcantesken Schmelz verlieh Osborne der Auftritts-Arie Son salvo, alfin son salvo, mischte seiner flexibel eingesetzten Stimme zur Kavatine Son giá lontani markante variable Töne, teils falsettiert bei. Klangschöne Vokalise zu einschmeichelndem Timbre leitete der Sänger obertonreich das Duett Vieni fra queste braccia ein. Den vom Komponisten verordneten unverschämt hohen Extremtönen bot Osborn elegant Paroli jedoch nicht immer in absoluter Perfektion, sie deshalb teils sicherheitshalber zu omittieren wäre keineswegs ein Defizit.


Iurie Samoilov, Brenda Rae. Copyright: Barbara Aumüller

Überzeugend präsentierte Iurii Samoilov seinen schönen Bariton als Arturos Widersacher Riccardo, ließ sein weiches Timbre während der Ensembles und im melodischen Duett mit Giorgio ebenmäßig strömen. In prächtiger Bass-Formation, eleganter Linienführung und profunder Tongebung verlieh Kihwan Sim dem Onkel Elviras würdevolle Autorität und väterlich weiche Züge. Herrlich kontrastreich fanden sich die beiden Stimmen zum wohlklingenden Duett.

Schönstimmig fügten sich Thomas Faulkner (Lord Valton), Bianca Andrew (Enrichetta), Michael Porter (Sir Roberton) und ganz besonders effektvoll in viriler Qualität präsentierte sich wiederum der von Tilman Michael bestens einstudierte Opernchor.

Am Pult des vortrefflich disponierten Frankfurter Opern- und Museumsorchesters waltete umsichtig Tito Ceccherini und servierte temperamentvoll, aber auch sensibel die orchestralen Untermalungen zu den archetypischen Gefühlswelten der Protagonisten. Dynamisch, transparent, federnd leicht im Klang, zügig, detailliert in zackiger Rhythmik kam das Orchester daher und webte den Solisten den idealen begleitenden Klangteppich.

Derart ungewöhnliches qualitatives Engagement wurde vom begeisterten Publikum frenetisch gewürdigt. Der Rezensent schloss sich dem an und bestellte bereits zwei weitere Privatbesuche dieser in jeder Hinsicht phantastischen Produktion.

Für Belcanto-Freunde ein „MUSS“!

Gerhard Hoffmann

Folge-Vorstellungen: 08./14./16./21./26. + 28. Dezember sowie 04./12. + 18. Januar 2019

 

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