Frankfurt: „ANNETTE DASCH + DANIEL SCHMUTZHARD“. Liederabend 16.06.2016
Helmut Deutsch, Annette Dasch und Daniel Schmutzhard. Foto: Wolfgang Runkel
Einen Liederabend der ganz besonderen Art boten das Sänger-Ehepaar Annette Dasch und Daniel Schmutzhard in der Oper Frankfurt. Ungewöhnlich zudem sangen die Künstler ausschließlich Duette aus dem weniger gängigen Terrain des Liederkosmos. Immer wieder war in der Musikgeschichte seit dem frühen 19. Jahrhundert, vor allem das Kunstlied Kristallisierungspunkt emotioneller Extreme, großer Gefühle und ganz besonders der Liebe.
Inhaltlich diesem ganz besonderen Genre verpflichtet, lag es auf der Hand, dass sich das junge Paar verpflichtet fühlte, dieser der herrlichsten Allmacht der Gefühlswelt, zu huldigen.
Eröffnet wurde das Programm mit drei weniger bekannten Mini-Preziosen von Peter Cornelius. Der beste Liebesbrief schien dem bestens eingespielten Duo, auf Stimme und Leib geschrieben zu sein, ebenso die folgenden Lieder Ein Wort der Liebe sowie das reizvoll vorgetragene Duett Ich und du.
Dramatische Töne brachten sodann die Vertonungen von Franz Schubert zu Tage: Hektors Abschied, fesselnde, kunstvolle Momente, basierend auf vokaler Klangfülle zwischen Schwermut und Melancholie, behaftet von Tragik erklangen Der Tod und das Mädchen, geprägt von Vertrauen, gegenseitiger Achtsamkeit zwischen den Partnern, erhielten Der Jüngling und der Tod sowie Mignon und der Harfner besonders fesselnde Impulse.
Drei dramatische Duette aus der Feder von Peter Tschaikowsky, inhaltsschwanger von Sehnsucht, Leid, Verzweiflung so u.a. Schottische Ballade wirkten in der Darstellung von Dasch/Schmutzhard besonderes emotionell, schicksalshaft bedeutend.
Helmut Deutsch, wohl einer der bedeutendsten Liedbegleiter und Pianisten unserer Zeit, begleitete die Vokal-Solisten. Wieder einmal führte der grandiose Virtuose, seinen außerordentlichen Klangsinn für Details und Nuancen vor Augen bzw. vor Ohren! Packend, energiegeladen, tief empfunden entfaltet Deutsch den reichhaltigen Partitur-Kosmos, sowie die Ausdrucksskalen der musikalischen Charaktere. Einleitungen oder Liedfinali erklingen bei ihm, ohne jegliche Vordergründigkeit, meisterhaft zu Mini-Sonaten.
Natürlich liegt es in der Sache der Natur, dass sich der Sopran von Annette Dasch unweigerlich abhebt bzw. dominiert. Bei den ersten Duetten erschien mir die Stimme noch nicht frei, klang teils etwas spröde, doch zunehmend gewann das Timbre an Wärme, Sicherheit, als schimmere flüssiges Silber hervor.
Weich im Timbre, belcantesk in Stilistik erklang der Bariton von Daniel Schmutzhard in sinnlichem Wohlklang. Die Stimme wirkt in allen Registern ausgewogen, abgerundet, so vortrefflich variabel, voll klanglicher Färbungen.
Robert Schumanns Liebesgarten op. 34 enthält alle Facetten romantischer Gefühlsregungen, das Sängerpaar kostet diese Vielfalt bei u.a. Die Liebe ist ein Rosenstrauch oder Unterm Fenster sehr engagiert aus. Hatte man je zuvor so ergreifend, liebevoll und dennoch schmerzbewegt das folgende Wiegenlied am Lager eines kranken Kindes, gehört?
Zwiegesänge zur Nacht op. 13, vier herrliche Duette von Emil Mattiesen, geprägt von Erwarten, Unruhe, Liebeszauber sangen die beiden Künstler in besonders spezifischem Tonfall. Hier herrschte zwischen den Partnern ein hörbares Einvernehmen auf einer Ebene. Nuanciert, verhalten, mal euphorisch singen sie ihre Liebe in die Welt hinaus. Kunstvoll phrasiert erklangen Bögen von atmosphärischer Weite, verströmend in Unendlichkeit erinnern sie unverwechselbar und scheinbar schien der Komponist inspiriert vom Tristan-Isolde-Duett?
Rhythmisch, variiert im melodischen Dialog erklangen zum offiziellen Finale der vielseitigen Programmgestaltung, sechs Duette aus Klänge aus Mähren von Antonin Dvorak. Romantisch, sinnlich, herzerfrischend, folkloristischen Ursprungs wirken diese Vertonungen und die beiden Sänger verstanden es vorzüglich dieses Liedgut so trefflich, fein nuanciert zu gestalten. Lyrisch ansprechend, in tiefer Durchdringung des Textsinns repräsentierten Dasch/Schmutzhard den hohen Stellenwert dieser Liedkunst.
Bravos und Jubel des begeisterten Auditoriums wurden von den sympathischen Liedgestaltern und dem grandiosen Pianisten mit drei Zugaben belohnt: Innig vorgetragen Spring Wind (Eric Thiman), dem Bekenntnis Lippen schweigen (Franz Lehár) sowie in leicht melancholischem Unterton Da drunten im Tal (Johannes Brahms).
Gerhard Hoffmann